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Die Plastikfrei-Pionierin
Nadine Schubert hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, dem Plastik den Garaus zu machen. 2013 war sie die erste deutsche Bloggerin, die sich dem Thema gewidmet hat. Bald darauf erschien ihr erstes Buch „Besser leben ohne Plastik“, das schnell zum Bestseller wurde. Heute lebt Nadine, die einige Jahre als Radiomoderatorin in Ingolstadt gearbeitet hat, als freie Autorin. Im Interview spricht die engagierte Plastikfrei-Expertin über ihre Zeit in Ingolstadt, ihren krassen Lebenswandel und die großen Freiheiten ihres jetzigen Lebens.
ESPRESSO: Nadine, hättest du dir damals, als du noch in Ingolstadt beim Radio gearbeitet hast, vorstellen können, dass du später mal eine gefragte Expertin für plastikfreies Leben werden könntest?
NADINE: Im Leben nicht! Damals war ich 22 und weit davon entfernt. Ich wusste auch 2013 nicht, welche Ausmaße das mal annimmt. Aber daran sieht man: Das Leben ist voller Überraschungen.
ESPRESSO: Wann war der Moment, als du das erste Mal angefangen hast, dir über Plastik intensivere Gedanken zu machen?
NADINE: Der Auslöser war eine Reportage im Fernsehen. Sie zeigte vermüllte Ozeane und Strände, an Plastik sterbende Tiere und, dass Plastik uns krank macht, weil es aus Verpackungen in den Körper wandert. Das hat mich so schockiert, dass ich sofort beschloss: Bei Familie Schubert ist ab heute Schluss mit Plastik.
ESPRESSO: Welche Dinge hast du zu aller erst von der Einkaufsliste gestrichen, als du ins plastikfreie Leben gestartet bist?
NADINE: Zuerst alles, was in Tetrapacks steckte. Denn die machten den größten Teil unseres Plastikmülls aus. Milch gab´s nur noch im Glas, Saft in Pfandflaschen aus der Region. Ich bin auch gleich mit meinen Dosen zum Metzger und an die Käsetheke. Das hat sehr schnell Wirkung gezeigt, denn unser Müll wurde innerhalb kürzester Zeit um die Hälfte reduziert. Aufwändig war es überhaupt nicht. Ich musste nur in dem Supermarkt, in dem ich sonst auch eingekauft habe, zu einem anderen Produkt greifen.
„Im Urlaub dürfen die Kinder auch mal Chips kaufen. Man sieht, ich bin nicht die total strenge Mama.“
ESPRESSO: Wie hat deine Familie damals reagiert, als du klargemacht hast: jetzt gibt’s vieles nicht mehr?
NADINE: (Lacht) Ich hab das einfach für alle mitbeschlossen – geht schneller. Nein, im Ernst, alle waren dabei. Mein Mann sagte: Bier gibt´s eh im Glas, also kein Problem.
ESPRESSO: Gibt es bei euch in der Familie einen Plastik-Cheatday oder generell auch mal Ausnahmen?
NADINE: Ausnahmen gibt´s im Urlaub. Wir fahren IMMER nach Italien und da ist es manchmal schwer, bestimmte Dinge zu finden. Und deshalb dürfen die Kinder dort auch mal Chips kaufen. Daheim mach ich die selbst. Man sieht, ich bin nicht die total strenge Mama.
ESPRESSO: Wenn du durch einen Supermarkt gehst und siehst, wie viel Plastik die Leute gedankenlos in den Einkaufswagen werfen…was denkst du dir in solchen Momenten?
NADINE: Ich denke mir schon oft „Mensch, was stopft ihr da in eure Kinder rein?“, aber es hilft nichts. Ich spreche niemanden an, sonst hätte ich bald überall Hausverbot. Wenn ich jemanden kenne, kann ich mir einen Kommentar aber nicht verkneifen.
ESPRESSO: Warum glaubst du, dass dein erstes Buch „Besser leben ohne Plastik“ so erfolgreich wurde?
NADINE: Weil´s das erste war und ich mit dem Thema schon bekannt gewesen bin. Und es liegt auch an der Sprache, den kurzen, leicht verständlichen Texten. Da kommt mir meine Radio-Vergangenheit entgegen. Da musste auch alles kurz und knapp auf den Punkt gebracht werden. Persönlich geht es mir aber auch so, dass ich keine drei Seiten lesen will, um ein Rezept umzusetzen.
Wir werden langsam besser, mit Betonung auf langsam. Die Politik ist mir zu träge, deshalb sage ich, wenn wir Veränderungen wollen, müssen wir sie selber machen.
ESPRESSO: Wie hat sich dein Leben seit deinem Bestseller verändert?
NADINE: Ich konnte meinen Job kündigen. Besser gesagt, ich musste ihn kündigen. Nicht, weil ich Millionärin geworden bin, sondern, weil die Vortragsanfragen immer mehr wurden. Ich war 3-5 Mal pro Woche unterwegs, kam oft nachts heim, das war irgendwann zu viel. Also habe ich die Stunden in der Online-Redaktion unseres Landratsamtes immer mehr reduziert, bis ich dann ganz aufgehört habe.
ESPRESSO: Was würdest du heute beruflich machen, wenn das mit der Plastikfrei-Karriere nicht geklappt hätte?
NADINE: Puh, das ist schwer zu sagen. Ich glaube, im Amt wäre ich nicht mehr. Obwohl ich meinem Chef dort noch heute sehr verbunden bin, denn er hat mir den Satz mit auf den Weg gegeben „Für gute Leute geht´s immer weiter“. Deshalb glaube ich, dass ich auch ohne die Plastikgeschichte weitergekommen wäre. Vielleicht doch wieder beim Radio.
ESPRESSO: Was sind für dich die großen Vorteile deines neuen Lebens als freie Autorin?
NADINE: Du sagst es: frei sein. Ich bin meine eigene Chefin, teile mir das ein, wie ich will. Veranstalter buchen mich ein Jahr im Voraus und warten eben, bis ich kommen kann. Außerdem habe ich jetzt immer frei, wenn die Kinder frei haben. Ich arbeite nie in den Ferien. Das ist ein Privileg.
ESPRESSO: Vermisst du Ingolstadt? Stattest du der Stadt ab und zu noch einen Besuch ab?
NADINE: Aber sicher! Ich erinnere mich gern an die Zeit zurück. Ich war bei jedem Eishockey-Spiel, auch bei den Auswärtsspielen der Panther und habe mit Hans Fischer die Berichterstattung gemacht. Diana Strassburg ist noch heute meine Freundin. Wir haben immer noch Kontakt. Und meine Vermieter in der Bauhofstraße bekommen jedes Jahr seit fast 20 Jahren eine Weihnachtskarte.
ESPRESSO: Was würdest du jemandem raten, der gerade mit dem Gedanken spielt, auf Plastik zu verzichten? Wie gelingt der Einstieg am besten?
NADINE: Ich würde wirklich erstmal schauen, wo der Plastikmüll herkommt. Was kaufst du und wie ist es verpackt? Kennst du schon Alternativen? Heute gibt es außerdem für so viele Produkte schon plastikfreien Ersatz und fast überall, auch in Ingolstadt, gibt es Unverpackt-Läden. Das ist jetzt so viel einfacher, als vor acht Jahren.
ESPRESSO: Mittlerweile sind es viele Jahre, in denen du dich intensiv mit dem Thema Plastik auseinandergesetzt hast. Was ist dein Fazit? Wo steht Deutschland und unsere Gesellschaft? Sind wir auf dem richtigen Weg?
NADINE: Wir werden langsam besser, mit Betonung auf langsam. Die Politik ist mir zu träge, deshalb sage ich, wenn wir Veränderungen wollen, müssen wir sie selber machen. Aber, ehrlich? Auch von der Gesellschaft würde ich mir manchmal mehr Engagement wünschen.
ESPRESSO: Verrätst du uns dein nächstes Projekt, an dem du gerade arbeitest?
NADINE: Na ja, ich wäre froh, wenn ich überhaupt mal wieder arbeiten dürfte! Corona hat mich total ausgebremst. Keine Vorträge seit März 2020, keine Aussicht darauf, wann es weitergeht. Ich will wieder raus auf die Bühne, von meiner Mission erzählen.
Weil ich aber niemand bin, der sich ausruht, habe ich die Zeit genutzt, um einen Onlineshop mit plastikfreien Produkten zu eröffnen. Darauf hatte ich schon immer Lust, nur nie die Zeit. Seit 1. Dezember ist er online und ich bin begeistert, wie viele Bestellungen ich schon bearbeiten durfte.
Nadine, vielen Dank für das Interview.
Man braucht:
- 500g Joghurt im Pfandglas (3,8 % Fett)
- eine Schüssel
- ein Sieb
- ein Baumwolltuch
So geht’s:
Das Sieb in die Schüssel hängen, Tuch ins Sieb legen, Joghurt in das Tuch und über Nacht stehen lassen. Am Morgen ist die Molke abgetropft und im Tuch haben wir einen schönen, festen, streichfähigen Frischkäse. Mit Schnittlauch, Salz und Pfeffer schmeckt er am besten und er hält locker eine Woche im Kühlschrank. Das Joghurtglas geht zurück, weil Pfand, sodass man am Ende keinen Müll hat.
Aus der Molke in der Schüssel
machen wir einen Badreiniger. Molke in eine Sprühflasche geben, mit Wasser auffüllen und drei Esslöffel Zitronensäure hinzufügen.
Nützliche Tipps, Tricks und Einblicke in Nadines Leben ohne Plastik gibt es auf ihrem Blog und in ihren Büchern.
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