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Von der Rettung der Welt und kleinen Pelztierchen...
…heißt der Erstroman des Ingolstädter Schriftstellers Jens Rohrer. Darin wird der Langweiler Friedhelm zum Weltretter.
Jens, du hast bisher drei Bücher veröffentlicht, zwei davon mit Kurzgeschichten, eines mit Tiergedichten. Was gab den Anlass für deinen Erstroman?
Früher oder später kommt man immer an den Punkt, wo man etwas Längeres schreiben will. Bei meinen Ideen weiß ich normalerweise, was eine Kurzgeschichte werden muss oder was besser zu einem Tiergedicht passt. Im Prinzip dachte ich mir aber: So, jetzt schreibe ich einen Roman.
Lag es auch an der Corona-Zeit? Oder fing es schon früher an?
Es fing sogar sehr viel früher an. Ich habe den Roman vor 20 Jahren geschrieben und dachte damals eigentlich, er wäre fertig. Vor 2 Jahren zog ich ihn dann nochmal raus und habe festgestellt, dass es eher eine Rohfassung ist, man aber etwas daraus machen kann. Daraufhin habe ich ihn mehrmals überarbeitet.
Das Klischeebild eines Schriftstellers ist ja: viel Alkohol und viele Zigaretten während des Schreibens. Wie ist es denn bei dir?
Als ich zu schreiben anfing, habe ich tatsächlich gedacht, man müsse nächtelang schreiben und dabei so viel Rotwein trinken, wie mit aller Gewalt reinpasst. Dabei kommt aber nichts Gescheites raus. Alkoholisiert arbeiten konnte vielleicht Hemingway… (lacht). Ich habe damals die ganzen Beatniks wie Jack Kerouac und Allen Ginsberg gelesen, es war also schon ein gewisser Einfluss da. Man ist halt jung, aber irgendwann emanzipiert man sich von diesen klischeehaften Vorstellungen.
Wie war es denn dann bei deinem Erstroman bzw. bei der Überarbeitung davon? Streng diszipliniert mit Start um 8 Uhr morgens?
Nein, Disziplin hab ich so gar nicht (lacht). Ich habe fast ein Drittel neu geschrieben und vieles geändert. Das Grundgerüst blieb aber gleich. Feste Schreibzeiten habe ich nicht. Ich setze mich hin, wenn ich Zeit und Lust habe. Es wäre vielleicht besser, mir feste Schreibzeiten anzugewöhnen, aber das funktionierte bisher nicht – auch wenn ich es versucht habe. Wenn ich eine Idee für eine Geschichte habe, wird diese erstmal 2-3 Wochen im Kopf hin- und hergerollt, ich notiere Ideen und wenn ich mich dann zum Schreiben hinsetze, ist die Geschichte im Kopf eigentlich schon fertig.
So, jetzt schreibe ich einen Roman.
Jens Rohrer
Zum Inhalt: Friedhelm ist ein Langweiler. Ein Held ist er schon gar nicht. Doch dann findet er durch Zufall heraus, dass China kurz davor ist, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Da ihm niemand glaubt, macht er sich alleine auf, die Welt zu retten. 183 S., 10 EUR, bp Verlag.
Zum Autor: Eine Guerilla-Lesung (unangemeldete Lesung im öffentlichen Raum) in einem Lebensmittel Discounter brachte Jens Rohrer den Beinamen »Che Guevara der Ingolstädter Literaturszene« ein. Am bundesweiten Tag des Vorlesens brachte er dort vor dem Schnapsregal Auszüge aus den Werken berühmter Alkoholiker zu Gehör. Es folgten weitere Guerilla-Lesungen, u.a. in einer Nordsee-Filiale, wo er den Bogen nach 45 Minuten dann doch irgendwann überspannte und gehen musste.
Deine Werke zeichnen auch immer das Skurrile aus. Dein Roman startet ja noch relativ harmlos – zumindest wenn man ihn mit dem Ende vergleicht, wo es sogar zu Zeus auf den Olymp geht und auch gegen einen Drachen gekämpft wird. Stand das Grundgerüst schon vor Beginn oder entwickelst du die Geschichte unterm Schreiben und es wird immer skurriler?
Es ist eine Mischung. Ich wusste schon von Anfang an ziemlich genau, wo der Roman enden sollte. Auf dem Weg sind ein paar Sachen dazu gekommen. Der chinesische Bürgerrechtler etwa kam erst hinzu, als ich an der Stelle angelangt war. Der Kampf mit dem Drachen war hingegen von Anfang an geplant.
Gibt es für den Protagonisten Friedhelm ein „Vorbild“ aus der realen Welt oder wolltest du nur einen möglichst großen Kontrast einer Person haben, die vom absoluten Langweiler zum Weltretter wird?
Ein reales Vorbild gibt es nicht. Ich wollte einfach einen richtig langweiligen Spießer haben, der die Welt rettet und einen Kontrast zu den Weltrettern aus dem Kino, die meistens abgebrühte coole Hunde sind – wie die Avengers oder James Bond. Ich wollte ihn auch durch die Geschichte stolpern lassen und oft einfach durch Zufall die Probleme lösen lassen.
Woraus ziehst du ganz allgemein deine Ideen? Beobachtest du viel?
Es ist schon oft so, dass ich etwas sehe oder lese und daraus dann etwas entsteht. Ich habe mal die Überschrift gelesen, dass in der Schweiz kiloweise Gold im Abwasser landet. Also habe ich den Protagonisten einen Esel und ein Goldschürfset kaufen lassen und ihn in Zürich in die Kanalisation gesetzt, weil dieser nur die Überschrift gelesen hatte – das ist ja ein gängiges Phänomen im Internet, dass die Leute nur die Überschrift lesen. Die Ideen werden also zum Teil von der Realität inspiriert. Ich schaue aber auch viele Tierdokus (lacht). Da lernt man immer wieder neue Tiere kennen. Ich schreibe gerne Gedichte über ungewöhnliche Tiere, wie etwa den Kakapo.
Um nochmal zu deinem aktuellen Roman zurückzukehren. Du kritisierst auch die Überwachungs- bzw. Expansionspolitik der chinesischen Regierung.
Klar, man kann sich nicht mit China befassen und dabei die ganze Überwachung außer Acht lassen. In der ursprünglichen Version war das Thema angedeutet, ich habe es beim Überarbeiten allerdings verstärkt.
Auf zwei deiner drei Bücher ist jeweils ein Otter zu sehen, jetzt ist es ein Opossum. Was war der Grund für das Opossum?
Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich müsste ein Opossum reinbringen. Vielleicht lag es auch an „Save the cats“, das in Schreibkursen gelehrt wird (lacht). Also, dass man den Helden am Anfang ein Tier retten lassen soll, damit er sympathischer wirkt. Nee, das war es nicht..! Allerdings hatte eine Bekannte tatsächlich den Traum, dass sich ein Opossum in ihr Bein verbeißt, was ja auch im Buch vorkommt.
Man kennt dich auch durch deine Guerilla-Lesungen. Ist dieses Kapitel mittlerweile abgeschlossen?
Zur Corona-Zeit wäre es natürlich unsinnig, für Menschenaufläufe zu sorgen. Wenn das Ganze vorbei ist, werde ich aber sicher wieder eine machen. Eine richtige Eingebung habe ich noch nicht, aber es ist schon recht spaßig.
In deiner Danksagung dankst du Bettina „Das ist nicht lustig“ Markl. Checkt sie deine Ideen auf Lustigkeit?
Das ist meine Freundin und sie ist sehr kritisch (lacht). Darum habe ich mir diesen Scherz erlaubt.
Jens, vielen Dank für das Gespräch.
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