Die letzten ihrer Art

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Die letzten ihrer Art

Freddy Hafner, Inhaber von Freddy's Toys in Ingolstadt | Fotos: Sebastian Birkl

Sie sind selten geworden, beinahe exotisch – und doch prägen sie die Seele einer Stadt. Vielleicht, weil hier nicht der Konsum im Vordergrund steht. Vielleicht, weil man hier Dinge findet, die es sonst nirgendwo mehr gibt. Es sind Begegnungsstätten, Zeitkapseln, Schatzkammern. Hier gibt es noch Geschichten zur Ware, und manchmal einen Plausch, der länger dauert als der eigentliche Einkauf. Ein solcher Ort liegt direkt am Ingolstädter Kreuztor.

Woran erinnern Sie sich gerne? An die Brezen der Bäckerei Uhlmann? An die Flockensahne im Café Wiedamann? Oder waren Sie eher alternativ unterwegs und haben in Monis Popshop die ersten Gehversuche jugendlicher Rebellion unternommen?

All diese Läden sind Vergangenheit. Man muss mittlerweile schon genau hinschauen, um noch Läden mit einzigartigem Charakter zu finden. Läden mit eigenem Charme. Einer davon heißt Freddy’s Toys. Möglicherweise waren Sie selbst noch nie in diesem nur wenige Quadratmeter großen Laden. Aber sicherlich kennen Sie ihn. Ganz sicher standen Sie schon einmal am Schaufenster und haben darin Spielzeug aus Ihrer Kindheit entdeckt. Dieser Laden gehört unbestreitbar zum Ingolstädter Inventar.

Fast ein halbes Jahrhundert sammelt der Inhaber, Freddy Hafner, bereits Spielzeug. Seit rund 22 Jahren führt er den kleinen Laden am Ingolstädter Wahrzeichen. Dort, wo früher einmal der Verkaufsladen der angrenzenden ehemaligen Bürstenfabrik Bruckmayer war, kann man sich ein Stück Kindheit zurückholen. Die Bürsten tauschten den Platz mit allerlei Figuren, Modellautos und sonstigen Kindheitsschätzen. Aber auch altes Porzellan gibt es. „Ich liebe einfach alte Sachen“, sagt Hafner. Im kommenden Jahr wird er 70. Die Erinnerungen an das Spielzeug der eigenen Kindheit sind noch frisch. Matchbox-Autos, Carrera-
Autorennbahn, Märklin-Eisenbahn, Elastolin-Figuren (Cowboys, Indianer, Römer, Ritter etc.), Blechautos zum Aufziehen: all das erfreute früher sein Kinderherz. Und tut es auch heute noch.

Doch wie das Leben so ist: Irgendwann verschieben sich die Prioritäten. „Mit 15 wollte ich unbedingt ein Mofa. Meine Carrera Rennbahn, meine Märklin Eisenbahn, ich habe alles verkauft, um mir das Mofa leisten zu können. Aktuell suche ich alte Fotos von Weihnachten heraus und kaufe das Spielzeug auf den Bildern zurück“, erklärt er. In einer Vitrine in seinem Haus finden dann Fotos samt Spielzeug einen Ehrenplatz. Überhaupt ist dieses „sich ein Stück Kindheit zurückkaufen“ auch etwas, das er bei seinen Kunden feststellt. „Zwischen 30 und 40 Jahren haben die Leute dann oft Geld und wollen das wieder zurückkaufen, was sie als Kind gehabt haben.“ Oder auch nicht gehabt haben – aber immer haben wollten.

Auch Nostalgie hat Trends. „Es ist wichtig, mit dem Trend mitzuschwimmen. Junge Sammler sammeln ganz was anderes als ältere.“ Er holt ein Blechspielzeug aus dem Regal. „Für dieses Antriebsmodell einer Dampfmaschine von Märklin hätte ich vor 10 Jahren noch 200 Euro bekommen. Jetzt ist es aber schwer verkäuflich, da alte Sammler schon alles haben – oder mit der Zeit versterben.“ Dinge aus den 70er und 80ern gehen jetzt besser als aus den 50er und 60ern. Gefragt sind aktuell z.B. bestimmte Star Wars Figuren. Oder Dino Riders.

Lustigerweise drängen beim espresso-Besuch direkt vier Kunden herein. Der Laden ist damit voll und der espresso-Redakteur tritt ins Freie. Zwei Audi Modellautos verkauft Hafner. Ein Vater tritt mit seinem Sohn aus dem Laden und präsentiert seiner Frau voller Stolz und mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht das Auto. Es ist unschwer zu erkennen, wem der Audi Quattro am meisten Freude beschert. „Vor allem bei Touristen sind die Audis sehr beliebt“, erklärt der Spielzeugverkäufer.

Plakat an der Ladentür: Das "Krokodil mit Buschkind" der Firma Technofix ist Teil von Hafners Privatsammlung, ebenso der Funkwagen, ein Militärspielzeug (beides 30er Jahre). Die Barbie, den Teddybären und den roten Porsche hat er verkauft. Von den Rumblers hat er noch mehrere.

Ein großer Coup gelang ihm vor über 20 Jahren. Durch Zufall und ein bisschen Sammlerglück fand er die Adresse eines Großhändlers in München heraus. Dessen Lager: Vollgepackt mit Spielzeug der vergangenen Jahrzehnte. „Drei VW-Bus-Ladungen habe ich damals mit nach Hause gebracht. Das älteste Spielzeug war aus den 50ern“, lacht Hafner noch heute. Seine Leidenschaft führte ihn bis auf Spielzeugmessen in den USA. Noch immer sammelt er, „aber so verrückt wie früher bin ich nicht mehr“. Damals stand er um 4 Uhr auf und machte sich mit Taschenlampe auf zum Flohmarkt, um wenig beachtete Schätze zu bergen. Sein privates Sammelgebiet beschränkt er mittlerweile zum Großteil auf Spielzeug aus den 20er und 30er Jahren. Diese behält er, „weil du das nie wieder kriegst.“ Es sind wortwörtlich die letzten ihrer Art.

Wie lang soll es noch weitergehen? „Von selbst hör ich nicht auf“, sagt er. Die Sammelei macht ihm immer noch Spaß. Der Laden ist – an drei Tagen die Woche geöffnet – eine willkommene Abwechslung zum Ruhestand des ehemaligen Vertrieblers. Auch Unverkäufliches gibt es hier übrigens. Etwa eine große Märklin-Uhr. Wenn er den Laden einmal aufgibt, will er auch die Uhr verkaufen. Dann wäre die Zeit endgültig abgelaufen. Ein poetisches Ende.

Vielleicht sind Läden wie Freddy’s Toys auch die letzten ihrer Art – wie so manches Spielzeug darin. Aber solange es Menschen gibt, die bewusst hier einkaufen, die sich für besondere Fundstücke begeistern können, haben sie eine Chance. Und wir alle haben es in der Hand, dass diese kostbaren Orte nicht aus unseren Städten verschwinden – sondern bleiben, als Herzstücke einer lebendigen Innenstadt.

Öffnungszeiten
Di & Do 10 – 18 Uhr | Sa 10 – 13 Uhr

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