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„Es gab für mich nur diese eine Option“

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"Es gab für mich nur diese eine Option"

Fotos: Lena Jankowsky

Schauspieler Pat Schlegel im Interview

Patrick Schlegel hat schon als Kind das Theater-Fieber gepackt. Heute spielt der 30-Jährige in seiner Heimatstadt Ingolstadt am Stadttheater. Im Interview spricht er über seine große Leidenschaft.

Pat, wie haben deine Eltern damals reagiert, als sie erfahren haben, dass du den Beruf des Schauspielers anstrebst?
Die Situation war wahrscheinlich zuerst nicht sehr angenehm, aber nicht wegen der Schauspielerei, sondern weil ich nach Hause kam und meinen Eltern verkündete, in Kürze von der Schule zu fliegen. Ich sollte mein Abitur machen und dann studieren, das war die Abmachung und dann komme ich daher und sage: „Mama, Papa, ich fliege nächste Woche von der Schule, aber macht euch keine Sorgen, ich werde Schauspieler. Das kann man auch ohne Abi studieren.“ Das war eigentlich ein Bluff. Wirklich sicher war ich mir nicht über das, was ich da sagte. Meine Mutter schwieg und mein Vater ging in sein Büro im Keller. Ich hatte mit allen möglichen Reaktionen gerechnet, aber nicht damit, dass er zurückkommt und mir das Bewerbungsformular für eine Schauspielschule in die Hand drückt. „Aber dann mach’s auch.“ Ich war total platt und richtig glücklich. Sie haben mich unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar, denn erst auf der Schauspielschule fand ich heraus, dass die meisten anderen Eltern diesen Wunsch missbilligen und sogar untergraben.

"Das war eigentlich ein Bluff"

Wie hast du es trotz fehlendem Schulabschluss geschafft, diesen schwierigen Weg zu meistern?
Es gibt tatsächlich ein paar staatliche Schauspielschulen, für die ein Abitur nicht zwingend nötig ist. Unter der Voraussetzung der besonderen künstlerischen Eignung kann man in Ausnahmefällen trotzdem aufgenommen werden. Darin sah ich meine Chance. Ich bereitete mich auf die Vorsprechen vor, lernte Monologe und wurde sehr schnell aufgenommen. Es gab für mich nur diese eine Option. Als mein Ziel klar war, lag mein Fokus sehr stark darauf, ich ließ mich nicht davon abbringen, deswegen hat es geklappt.

Welche Menschen haben auf deinem Weg eine besonders wichtige Rolle gespielt?
Wenn ich diese besonderen Menschen hier namentlich aufzähle, sprengt das den Rahmen. In verschiedenen Lebenslagen waren das verschiedene sehr wichtige Leute. Meine Schwester, meine Eltern, meine Partnerin, Freunde, Familie, Mentor*innen, meine Kolleg*innen. An meinem Weg sind viele Menschen beteiligt, ohne die es nicht gegangen wäre. Ich habe ihnen einiges zu verdanken. Das ist bis heute so, gehen muss ich diesen Weg allerdings selbst. Das macht sonst niemand für mich.

Warum war es dir wichtig, nach deinem Schauspiel-Studium in Graz wieder nach Ingolstadt zurückzukehren?
Da führten ein paar äußere Umstände dazu und ich griff mir diese Möglichkeiten. Es war mir nämlich überhaupt nicht wichtig, nach Ingolstadt zurückzukehren. Mein Plan war ein anderer, ich wollte nach Berlin und mich dort in Richtung Film und Synchron weiterbilden. Donald Berkenhoff engagierte mich dann zuerst für „Der Fall der Götter“. Ich dachte: „Ist doch cool. Skurril, ausgerechnet in Ingolstadt, aber hey! Heimspiel machen, hier erstmal Gast sein und dann weiter nach Berlin.“ Doch schnell kamen noch andere Stücke am Stadttheater dazu, neue Entwicklungen im Privaten und so hatte Ingolstadt mich wieder.

"An meinem Weg sind viele Menschen beteiligt"

Was zeichnet die Arbeit am Ingolstädter Stadttheater für dich aus?
Das Feierabendbier an der Pforte. Nach den Proben kommt man am Hintereingang mit den Kolleg*innen zusammen und tauscht sich aus, führt Gespräche über die Arbeit, macht Witze, erzählt sich Geschichten oder kommt auf Ideen für die nächsten Proben.

Wenn du an die verschiedenen Rollen zurückdenkst, die du schon auf der Bühne oder vor der Kamera verkörpert hast, welche davon hat dir besonders Spaß gemacht?
Im letzten Frühjahr drehte ich eine Folge der Fernsehreihe „Zimmer mit Stall“ für die ARD. Dort übernahm ich die Rolle des Max. Zusammen mit Aglaia Szyszkowitz zu spielen hat mir große Freude gemacht. Sie ist eine tolle Kollegin und ihr am Set bei der Arbeit zuzusehen war für mich eine Möglichkeit zu lernen. Mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten ist für mich immer eine Bereicherung.

Welche Rolle hat dich am meisten herausgefordert?
Ich würde ganz frech behaupten, dass mich die Rollen bisher nicht so sehr forderten. Vielmehr mache ich es mir selbst schwer. Ich stehe noch relativ am Anfang, bin gerade mal 30 und ich glaube, die richtig spannenden Rollen kommen erst. Die Rolle von „Patrick Schlegel“, die fordert mich. Wer ist das? Wo geht der hin? Was macht der als nächstes? Das ist meist schwieriger als die Figuren, die ich spielen darf.

"Die Schauspielerei ist ein sehr subtiles Handwerk"

Neben seiner schauspielerischen Tätigkeit hat sich Patrick Schlegel auch als Synchronsprecher ein zweites Standbein aufgebaut. Rechts: Am Set der ARD-Serie „Zimmer mit Stall“, in der Patrick Schlegel für eine Folge die Rolle des Max übernehmen durfte.

Wie viel kreativen Freiraum hast du als Schauspieler und wie viel von deinem Beruf ist pures Handwerk?
Die Schauspielerei ist ein sehr subtiles Handwerk und ohne dieses Handwerk kein kreativer Freiraum. Man kann nicht abstrakt Malen ohne vorher die Grundlagen gelernt zu haben. Erst dann kann ich kreativ mit dem umgehen, was ich vor mir habe, es dekonstruieren, neu anordnen, etwas hinzufügen oder abziehen und so etwas Neues schöpfen. Beim Schauspiel ist es ähnlich, es gibt bestimmte Wege sich mit einem Text auseinanderzusetzen und lebendige Figuren zu erschaffen. Je nachdem, woran man arbeitet, sind verschiedene Mittel und Wege nötig. Die dazu gebrauchten Techniken zu erlernen kann ein Leben lang dauern. Genau das ist es, was mich an der Schauspielkunst interessiert.

Du hast schon in verschiedenen Sparten Erfahrungen gesammelt, sowohl in der Theater-, als auch in der Fernseh- und Filmschauspielerei, aber auch als Synchronsprecher. Wo fühlst du dich am meisten zuhause?
Es ist für mich ein großes Glück in der gesamten Bandbreite des Berufs zu arbeiten. Im Synchron musst du in Sekundenschnelle abnehmen, was das Original dir gibt und das dann wieder abliefern. Da muss man schon sehr auf Zack sein. Und was für den Film nützlich ist, funktioniert nicht unbedingt auf der Bühne und umgekehrt. Zwischen diesen Bereichen zu wechseln und die Feinheiten herauszuarbeiten, mich diesen Aufgaben zu stellen und daran zu wachsen, darin fühle ich mich am meisten zuhause.

" Es bringt nichts, sich auf die negativen Dinge zu versteifen"

Die Schauspielerei, vor allem am Theater, ist ein hartes Pflaster: die Bezahlung ist schlecht, es herrscht ein ständiger Konkurrenzkampf und man hat wenig Planungssicherheit. Wie gehst du damit um und warum kannst du dir trotzdem keinen besseren Beruf für dich vorstellen?
Manchmal bekomme ich schreckliche Selbstzweifel und verziehe mich mit denen in mich selbst, grüble, bis ich mich besinne und mir sage: „Führt kein Weg dran vorbei.“ Dann packe ich mir meine Sachen und gehe es an. Sport hilft auch. Es bringt nichts, sich auf die negativen Dinge zu versteifen. Lieber auf das konzentrieren, was in der eigenen Hand liegt und vorwärts blicken. Die genannten Gründe sind für mich jedenfalls keine, darüber nachzudenken, etwas anderes machen zu wollen. Wenn einen das davor abschreckt, Schauspieler*in zu werden, dann sollte man es auch nicht machen.

Was war ein besonders schöner Moment in deiner Karriere?
Besonders schön war diesen Sommer meine erste Synchron-Hauptrolle sprechen zu dürfen. Ich hoffe, dass da noch einiges folgt. Das Vertrauen zu bekommen, diese Arbeit zu übernehmen, war für mich schon ein großer Erfolg. Leider kann ich davon hier nicht ausführlich erzählen, denn ich darf bis zur Veröffentlichung des Films nichts verraten.

Wie hat sich Corona auf deine Arbeit als Kulturschaffender ausgewirkt?
Kurz vor Beginn der Pandemie hatte ich mich dazu entschieden, mich etwas zurückzuziehen, um zu planen, was die nächsten Schritte für mich sind. Dann kam der erste Lockdown und plötzlich war alles ungewiss. Glücklicherweise konnten ein paar Ideen umgesetzt werden. Ein Musikvideodreh zusammen mit Max Rogue, die Weiterbildung im Synchron, es entwickelten sich neue Zusammenarbeiten mit Schauspielkolleg*innen. Vieles ist zwar ins Wasser gefallen, man hat sich Sorgen um die Liebsten gemacht, darum wie es weitergeht, aber solche Situationen bieten auch immer Chancen.

Mit wem würdest du gerne in Zukunft einmal zusammenarbeiten, was wäre dein absolutes Traumprojekt?
Ein Traumprojekt habe ich mir erst kürzlich erfüllt. In der Kult-Serie „Rick & Morty“ habe ich ein paar Rollen gesprochen und mich so zumindest schonmal mit meiner Stimme ein kleines bisschen verewigt. Mit meinen anderen Träumen bin ich mittlerweile vorsichtiger im Rausposaunen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es besser ist im Stillen daran zu arbeiten und das Ergebnis sprechen zu lassen.

Pat, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für deinen weiteren Weg.

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