Der Traum von der NHL

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Der Traum von der NHL

Zwei Psalme zieren den Helm von Nico Pertuch | Interview: Sabine Kaczynski

ERC-Goalie Nico Pertuch feierte gerade sein Debüt bei den Panther-Profis – und hat noch große Ziele

Im September 2023 wechselte Goalie Nico Pertuch vom EV Landshut zum ERC Ingolstadt. Der 20-Jährige schnupperte inzwischen bei den Panthern nicht nur DEL-Luft, sondern stand auch in der Champions Hockey League im Tor und machte seine Sache hervorragend. Im espresso-Interview verrät der Youngster, wie er mit seiner Doppel-Rolle beim ERC und den Ravensburg Towerstars zurechtkommt, wie er die knappe gemeinsame Zeit mit Freundin und Pantherin Lilian Bogdanski managt und warum ihm sein Glaube so wichtig ist.

Beim ERC Ingolstadt läuft es momentan super: In der CHL erstmals im Viertelfinale, Tabellenzweiter in der DEL, dazu mit elf Siegen in Folge einen neuen Vereinsrekord aufgestellt – was macht die Panther heuer so stark?
Wir haben eine super Truppe, in der jeder seine Rolle akzeptiert und versteht. Natürlich haben wir auch Einzelspieler mit individuell hoher Qualität, aber es ist vor allem das Zusammenspiel, das hervorragend funktioniert. Wir verstehen uns alle total gut, die interne Stimmung ist fantastisch, niemand eckt an. Im Team sind alle durch die Bank super Jungs.

Du bist bisher je zweimal Mal in der DEL und in der CHL, wo du auch dein Debüt bei den Panther-Profis gefeiert hast, zum Einsatz gekommen: Wie fühlt es sich an, auf höchstem Niveau auf dem Eis zu stehen?
Natürlich habe ich mich sehr über die Chance gefreut, gegen die Iserlohn Roosters und die Eisbären Berlin eingewechselt zu werden. Gerade für einen jungen Torwart ist jeder Einsatz sehr wichtig. Gegen den EC Red Bull Salzburg und zuletzt gegen den Frölunda HC sogar in der Starting Six zu stehen, macht mich sehr dankbar, auch gegenüber dem Trainerteam, das mir das Vertrauen geschenkt und mir die Möglichkeit gegeben hat, mich zu zeigen. Das war eine tolle Erfahrung.

Trotz der Niederlage hast du beim Heimspiel gegen den CHL-Rekordsieger Frölunda Göteborg eine starke Partie gezeigt – was das dein bisheriges Karriere-Highlight?
Es war schon etwas Besonderes, gegen Göteborg zu spielen. Es war eine sehr schnelle, intensive Partie, bei der unser Gegner einmal mehr unter Beweis gestellt hat, dass er nicht umsonst mehrmals die Titel in der CHL und der schwedischen Liga, die wie die DEL auf Top-Niveau agiert, gewonnen hat. Zudem war es eine große Ehre für mich, gerade gegen das Team meines großen Idols Henrik Lundqvist auf dem Eis zu stehen, dafür bin ich dem Trainerteam sehr dankbar. Auf Klubebene war das definitiv mein Karriere-Highlight, ich habe nie zuvor gegen so einen großen Verein spielen dürfen.

Du bist neben deinem Vertrag bei den Panthern mit einer Förderlizenz beim Zweitligisten Ravensburg Towerstars ausgestattet. Wie schwer ist es, wieder in der DEL2 auf dem Eis zu stehen, wenn man bereits DEL- und CHL-Luft geschnuppert hat?
Im Endeffekt ändert sich ja nichts – es ist immer noch Eishockey. Sicher sind die Spielweisen anders, aber auch in der DEL2 wird von Jahr zu Jahr besser und inzwischen auf einem sehr hohen Niveau gespielt. Unterschiede gibt es vielleicht läuferisch oder in der Qualität der Schüsse – aber meine Aufgabe bleibt ja dieselbe: das Tor hüten. Ich fühle mich in beiden Teams sehr wohl.

Wann und wie erfährst du denn, bei welchem Team du zum Einsatz kommst?
Mein Ansprechpartner ist unser Torwarttrainer Ilpo Kauhanen. Er teilt uns mit, welcher Goalie in Ingolstadt spielt. Wenn Devin Williams im Tor steht, bin ich – wenn alle Ausländer fit sind – normalerweise auf der Bank. Wenn aber Brett Brochu spielt, kann auch Devin Williams die Rolle des backup-Goalies übernehmen. Generell versuchen die Verantwortlichen zum Beginn der Woche einen Plan festzulegen, welcher Torhüter wo und wann zum Einsatz kommt – auch wegen der Planungssicherheit für die Ravensburg Towerstars. Aber natürlich kann sich auch alles ganz schnell ändern, wenn jemand krank wird oder sich verletzt, dann erfahre ich eventuell erst am Tag vorher oder sogar ganz kurzfristig, dass ich spiele.

Aktuell steht Ravensburg auf Platz 12 der Tabelle – wie siehst du den bisherigen Saisonverlauf der Towerstars?
Natürlich können wir mit der derzeitigen Situation nicht zufrieden sein, zumal wir einen guten Start hatten. Nach der deutlichen 8:1-Niederlage gegen den EV Landshut haben wir vier Spiele in Folge gewonnen und ordentlich agiert, konnten aber diese Serie nicht fortsetzen. Natürlich müssen wir wachsam sein und unser Bestes geben, aber die Liga ist sehr eng und uns trennen weiterhin nur fünf Zähler von einem direkten Play-off-Platz. Deshalb sollte man den aktuellen 12. Rang nicht überbewerten.

Wie kann man sich eine „normale“ Trainings- und Spielwoche bei dir vorstellen – wann bist du wo?
Die meisten Starts habe ich in Ravensburg, also ist der Grundgedanke, dort auch zu trainieren. Das macht zudem mehr Sinn, weil wir bei den Towerstars nur zwei Goalies sind. Wenn ich aber – wie in der CHL – bei den Panthern zum Einsatz komme, trainiere ich die ganze Woche in Ingolstadt oder bin zumindest morgens am Spieltag vor Ort, wenn ich als backup-Goalie gebraucht werde. Ich pendle also je nach Bedarf zwischen beiden Städten hin und her und habe deshalb sowohl in Ravensburg als auch in Ingolstadt eine Wohnung.

Deine Freundin Lilian Bogdanski spielt Eishockey bei den ERC-Frauen: Du pendelst zwischen Ravensburg und Ingolstadt, Lili arbeitet und trainiert auf der Schanz, am Wochenende habt ihr beide Spiele – wann seht ihr euch überhaupt?
Meistens verbringen wir die Spanne nach ihrer Arbeit und vor ihrem Training oder trainingsfreie Tage miteinander. Wir wussten beide, dass die gemeinsame Zeit knapp bemessen sein würde, aber der Aufwand, den wir getrennt voneinander betreiben, ist wichtig für unsere Zukunft. Zu Beginn des Jahres habe ich scherzhaft zu ihr gesagt, dass ich hoffe, sie nicht so oft zu sehen – denn das bedeutet, dass bei uns beiden alles gut läuft (lacht).

Wie hält eine Beziehung so viel Trennungszeit aus? Habt ihr ein Geheimrezept?
Das würde ich gar nicht sagen, es kommt meiner Meinung nach einfach darauf an, dass man die gemeinsame Zeit gut und intensiv nutzt und schöne Dinge zusammen unternimmt.

Die ERC-Frauen haben in dieser Saison ein besonderes Warm-up-Jersey, um auf die Situation im Fraueneishockey aufmerksam zu machen: Denn die Pantherinnen müssen im Gegensatz zu männlichen Profi-Eishockeyspielern arbeiten, um ihren Lebensunterhalt und auch ihren Sport zu finanzieren. Wie siehst du diesen Kontrast?
Man sieht in Kanada und Amerika, dass die finanzielle Situation der Spielerinnen sich deutlich verbessert hat und die Besucherzahlen wachsen. Ich würde den Frauenteams in Deutschland ebenfalls mehr Aufmerksamkeit und Zuschauerinteresse wünschen und bin zuversichtlich, dass das mit der Zeit auch so kommen wird. Anzeichen dafür hat man bereits beim Deutschlandcup gesehen. Dann werden sich hoffentlich auch die finanziellen Rahmenbedingungen bei den Frauen verbessern.

Ihr beiden habt mal eine Wette abgeschlossen, dass du zehn von zehn Penaltys von Lili hältst – hat die Challenge schon stattgefunden?
Nein, leider noch nicht (lacht). Vielleicht finden wir im Sommer mal eine Gelegenheit dazu. Ich bin jedenfalls weiterhin überzeugt, dass ich das schaffe, sonst würde ich auf der falschen Position spielen (lacht).

Ihr seid beide sehr gläubig und lest vor Spielen in der Bibel: Gibt es eine Lieblingsstelle, die dir besonders hilft?
Vor dem Spiel schlage ich in der Bibel gerne die Psalme auf und lese dann einfach, was an dieser zufällig ausgewählten Stelle steht. Denn oft ist das genau das, was man für das Spiel braucht.

Zudem schickt ihr euch vor den Spielen gegenseitig Texte zur Unterstützung – welchen Hintergrund hat das?
Das ist einfach eine Art Reminder, worauf man bei dem Spiel achten oder worauf man sich beim Gegner einstellen möchte. Das kann das Powerplay, das Unterzahlspiel oder andere Dinge betreffen – und ist inzwischen ein liebgewonnenes Ritual geworden.

Im Gegensatz zu Lili bist du um die Mittagszeit zuhause und kochst in der Regel für sie: Was zauberst du für deine Freundin auf den Tisch?
Ich versuche einfach, sehr abwechslungsreich zu kochen, da die Ernährung für uns beide sehr wichtig ist. Gerne kommen Hähnchen, Lachs, Reis, Kartoffeln oder Nudeln auf den Tisch. Wenn es sehr schnell gehen soll, hole ich mir aber auch mal eine Bowl von Seven Heaven, aber sonst gebe ich schon mein Bestes (lacht).

In knapp zwei Wochen ist Weihnachten, für Eishockeyspieler mitten in der Saison – wo und wie feiert ihr?
In den letzten Jahren war ich an Weihnachten tatsächlich gar nicht zuhause. Heuer haben wir mit der Familie meiner Freundin schon „vorgefeiert“, Heiligabend werden wir dann mit meiner Familie in Landshut verbringen. Dann gibt es gutes Essen, Geschenke werden ausgepackt und die Familie sitzt zusammen. Am 1. Feiertag ist das gemeinsame Raclette-Essen ein bisschen zur Tradition geworden.

Kommen wir zurück zum Eishockey: Viele Goalies legen großen Wert auf die Gestaltung ihres Helms: Was ist auf deinem zu sehen?
Auf der Maske habe ich den 20. und 37. Psalm stehen, zudem kann man auf der Rückplatte zwei Autos von Cars sehen. Eines heißt „Freiheitsstatue“ – sie kam bisher auf all meinen selbst-designten Masken in unterschiedlicher Form vor und soll Ansporn für mein großes Ziel, in Zukunft einmal bei den New York Rangers zu spielen, sein. Das zweite Auto aus dem Film hat mich immer an meinen Opa erinnert, der leider vor kurzem verstorben ist. Genau wie die zu einem Kreuz führende Straße, die ebenfalls auf der Rückplatte zu sehen ist, ist „Doc Hudson“ in Gedenken an meinen Opa auf dem Helm.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Du bist mit erst 20 Jahren ein sehr junger Spieler – welche Ziele hast du persönlich bzw. mit dem ERC und Ravensburg?
Mit den Panthern ist das Ziel, die Hauptrunde so gut wie möglich abzuschließen und dann in den Playoffs in Bestform zu sein. Bei den Towerstars wollen wir vorrangig wieder Konstanz in unsere Leistung bringen. Persönlich möchte ich täglich mein Bestes geben und mich weiterentwickeln. Gerade als junger Torwart ist es wichtig, immer weiterzumachen und sich auf nichts auszuruhen. Zudem wünsche ich mir so viel Einsatzzeit wie möglich und diese auch bestmöglich zu nutzen. Das größte Zukunftsziel bleibt die NHL.

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