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Gute Jute

Manuela Vitzthum hat mit dem Rusticarum in der Ingolstädter Innenstadt einen Marktplatz für das Kleine & Feine auf der Welt geschaffen. Seinen Lauf nahm alles mit der Faszination für ein besonderes Material: Jute.
6 Jahre war Manuela Vitzthum alt, als alles begann. Als sie vor ihrem Opa stand und ihm dabei zusah, wie er wohlig duftenden Hopfen in riesige Jutesäcke füllte. So fasziniert war das kleine Mädchen vom Material dieser Säcke, dass sie zu ihrem Großvater – einem Hopfenbauern in der Hallertau – sagte: „Opa, das Material ist viel zu schade für den Hopfen, daraus muss man etwas anderes machen.“
SCHICKSAL
Freilich wusste das kleine Mädchen von damals noch nicht, wohin sie das einmal führen würde. Bis… ja, bis es viele Jahre später in Wolnzach an einem Haus vorbeikam, wo genau ein solches Hopfensackerl achtlos herumlag – umfunktioniert für Malerarbeiten. Auch dafür war das Material natürlich wieder viel zu schade! So kam es, dass die mittlerweile erwachsene Manuela mit dem Mädchentraum von damals ihr erstes eigenes Hopfensackerl in Händen hielt. Sie kaufte es an Ort und Stelle ab, eilte nach Hause, setzte sich an die Nähmaschine und nähte die ersten Entwürfe – Taschen sollten es werden! „Entstanden sind verschiedene Modelle und Designs, die wir jetzt in Ingolstadt alle wieder aufleben lassen“, erklärt die Inhaberin des Rusticarum in der Ingolstädter Poppenstraße.
FASZINATION
Wenn Manuela Vitzthum ihre Finger über das schwere, gewebte Material gleiten lässt, gerät sie unmittelbar ins Schwärmen. „Das Besondere ist, dass jeder der Säcke ein Unikat ist“, sagt sie – und damit natürlich auch jede Tasche. Das liegt an den Drucken darauf, die dort bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert von einer Reise erzählen. Eine Reise durch Europa, von einem Hopfen-Siegelbezirk zum nächsten, alle mit dem gleichen Ziel: Eine Brauerei. Diese Säcke sind durch viele Hände gegangen. Sie haben eine lebendige Geschichte zu erzählen. Haben vielen Leuten Brot und Glück gebracht. „Jahrgang 1959“ prangt in markanten Lettern von einer Tasche, die bei unserem Interview vor uns liegt. Aufbereitet wurde der Hopfen in der Hallertau, lässt sich den Drucken entnehmen. Auf der Rückseite das Logo der Brauerei, die vor vielen Jahren das „grüne Gold“ in genau diesem Sack in Empfang nahm, um daraus Bier zu brauen – und sich schließlich per Stempeldruck für immer darauf verewigte.
„Man merkt den Menschen an, dass sie es ganz besonders finden, etwas in Händen zu halten das schon so alt ist“, sagt Manuela Vitzthum. Die Leute wissen solche Dinge wieder zu schätzen. Irgendwann wurden die edlen Jutesäcke in der Landwirtschaft von Kunststoff abgelöst. Die alten, hochwertigen Nähmaschinen, mit denen die Säcke damals genäht wurden, fanden in Indien ein neues Leben.
LOUIS V.? WHY NOT?!
Neben den kleinen und großen Jutetaschen, die bei Rusticarum erhältlich sind, ist bald auch etwas Neues – noch edleres – geplant: Gemeinsam mit einer Modefirma wird es eine neue Taschenkollektion geben. Jute-Taschen mit Leder vernäht. Stilrichtung? “Louis Vuitton”, sagt Manuela, wobei sie im selben Atemzug anmerkt, dass man sich dafür natürlich erstmal beweisen müsse. Aber Ziele – hohe Ziele – will man sich dennoch stecken.
ON- & OFFLINE
Manuela hat aus einem Mädchentraum nicht nur eine Geschäftsidee entwickelt, sie ist dadurch auch zur leidenschaftlichen Vollblut-Unternehmerin herangereift. Wohin geht der Trend? Oder anders gefragt wie kann man On- und Offline im Handel sinnvoll nutzen?
Weltweit zu jeder Zeit an jedem Ort bestellen. Die Ware direkt vor die Tür geliefert bekommen. Doch ist es wirklich so einfach? Nein, findet sie. Rusticarum startete einst selbst als reiner Online-Handel, doch die Unternehmerin erkannte schnell: „Zusätzlich zum digitalen Handel ist der stationäre Handel zwingend notwendig.“ Es brauche einen Ruhepol, fernab der schnelllebigen Digitalisierungswelt. Einen Ort, wo es noch etwas zu entdecken gibt, das man anfassen kann. Rusticarum versteht sich dabei als Marktplatz für “Edles, Feines & Leckeres” – alles von kleinen Manufakturen und Handwerksbetrieben. “Wir tun unser Bestes, um die Innenstadt wieder zu beleben, daher bietet Rusticarum auch Ausstellungsflächen an für Handwerker und Manufakturen, die kleinere Stückzahlen herstellen.” Kleine Läden, große Vielfalt: Darin sieht Manuela den größten Treiber für die Revitalisierung der Innenstädte.
“Wenn wir alle sparsamer werden und schöne Dinge kaufen, die ruhig auch mal etwas teurer sein dürfen, werden wir in eine glücklichere Zukunft gehen, als wenn wir nur der Konsumgesellschaft verfallen”,
sagt Manuela Vitzthum – und recht hat sie.
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