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Wenn das Herz für die Musik brennt

Masha Dimitrieva ist eine bekannte russisch-deutsche Pianistin, seit 2011 lebt sie mit ihrer Familie in Gaimersheim. Zum Abschluss der Ingolstädter Künstlerinnentage am 17.10. durfte sich das Publikum auf ihr Konzert freuen. espresso hat sich im Vorfeld mit ihr unterhalten.
In ihrem Programm holte Dimitrieva bewusst Kompositionen von Frauen hervor, deren Werke – obgleich kompositorisch ebenbürtig – weniger populär als die Werke und damit auch die Namen ihrer männlichen Kollegen aus vergangenen Musikepochen sind. Beethoven, Bach, Schumann: jeder kennt sie. Aber kennen Sie auch Cécile Chaminade? „Eine großartige Komponistin, die auch für mich ganz neu war“, sagt Dimitrieva. „Bei meiner Recherche war ich ganz überrascht, wie viele Werke sie geschaffen hat.“
Die russische Komponistin Galina Ustvolskaja hätte hingegen so ihre Probleme mit dem regulären Musikbetrieb gehabt, erklärt Dimitrieva gegenüber espresso. „Sehr schräge Sachen“ seien unter ihren Werken, „ohne Metrum und komplett atonal.“ Auch davon gab es etwas beim Abschlusskonzert zu hören. Selbstverständlich nicht ohne vorherige Erklärung der Pianistin. „Unbekannte Werke muss man dem Publikum näherbringen.“

Von Moskau in die Welt
Masha Dimitrieva hat eine beeindruckende Karriere vorzuweisen. Ihren Abschluss machte sie am berühmten Tschaikowski Konservatorium in Moskau. Es folgten weitere Ausbildungsstationen in Deutschland, u.a. in der Meisterklasse von Prof. David Wilde an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Einen wesentlichen Einfluss auf ihre künstlerische Entwicklung nahm Prof. Conrad Hansen. „Masha Dimitrieva ist eine feinfühlige und sensible Künstlerin von großer mentaler Stärke, und sie hat eine phänomenale Bühnenausstrahlung“, sagte der berühmte, mittlerweile verstorbene, Pianist über sie.
Für Konzertauftritte und Tourneen zog es Dimitrieva fortan durch die Welt. Sie arbeitete mit vielen bedeutenden Dirigenten, trat mit vielen berühmten Orchestern auf und war in zahlreichen Rundfunk- und TV-Produktionen (SWR, BR…) zu hören und zu sehen.
Das Schicksal führte sie zusammen
Als Masha Dimitrieva Mitte der 90er versuchte, in Deutschland als Konzertpianistin Fuß zu fassen, sieht sie die Dokumentation „Der Bettler von Paris„. Darin wird der US-amerikanische Komponist Gordon Sherwood portraitiert. Sherwood führte ein sehr unstetes Leben, war u.a. Bar-Pianist im Libanon und Filmkomponist in Ägypten. In den 80ern strandete er mittellos in Paris und verdingte sich viele Jahre als Bettler. Trotz vieler Auszeichnungen machte er nie eine konventionelle Karriere.
Dimitrieva war fasziniert von Sherwood, im Jahr 1996 lernte sie ihn persönlich kennen. Es funkte – auf künstlerischer Ebene. Nach wenigen Minuten verschlug es die beiden ans Klavier, wo sie über 12 Stunden blieben. Sherwood war so inspiriert von Dimitrieva, dass er ein Klavierkonzert schrieb und ihr widmete. Die Welturaufführung wurde 2000 vom Bayerischen Rundfunk aufgenommen. Sherwood starb 2013 im Alter von 84 Jahren und hinterließ stolze 143 Werke.
Jugend musiziert
08. - 11. April 2022
in Ingolstadt
Jugend musiziert ist das renommierteste Musikförderprojekt Deutschlands. In den 58 Jahren seit Bestehen haben sich knapp 1 Million Kinder und Jugendliche daran beteiligt. Die Pianistin Masha Dimitrieva ist seit Jahren Jurorin des bayerischen Landeswettbewerbs. Die Veranstaltung wird von Jahr zu Jahr in einer anderen Stadt abgehalten. 2022 ist Ingolstadt an der Reihe.
Festival für junge Künstler*innen geplant
„So viele talentierte junge Künstler*innen kommen aus Ingolstadt und der Umgebung“, sagt Masha Dimitrieva. Diese seien so überzeugend, dass sie für 2022 zusätzlich ein eigenes Festival plant, um dem Nachwuchs ein Podium zu bieten. Nähere Informationen folgen.
Sonus Eterna
Dimitrieva verhalf Sherwood zu musikalischer Sichtbarkeit (u.a. mit seinem CD-Debüt im Jahr 2004) – und tut das bis heute. 2014 gründete sie ihr Label Sonus Eterna, über das bereits vier Ersteinspielungen von Sherwoods Werken veröffentlicht wurden. Die aktuellste CD „Gordon Sherwood – The Complete Songs II“ wurde von „Klassik heute“ mit Bestnoten bewertet. 2022 soll das Gesamtorgelwerk des US-Amerikaners folgen.
Und auf noch etwas darf man sich 2022 freuen: über Sonus Eterna werden auf CD Werke für Klavier und Geige von Igor Loboda (Georgisches Kammerorchester) veröffentlicht. Ersteingespielt vom Künstler selbst (Geige) und Masha Dimitrieva (Klavier).
Die Liebe zur Musik
Die Wahl-Gaimersheimerin gibt ihr Können und ihre Liebe zur Musik in Unterrichtsstunden und als Jurymitglied bei Jugend musiziert auch an den Nachwuchs weiter. „Wenn das Herz für die Musik brennt, muss man diesen Weg gehen, trotz aller Hürden“, sagt sie. „Wenn junge Menschen spielen und ihre Augen vor Freude strahlen, macht mir das unglaublich viel Freude.“ Die Jugend braucht gute Musik, das könne auch ein guter Popsong sein, so Dimitrieva. Die Hauptsache sei, dass man sie mit guter Kunst konfrontiere.
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