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Wie konkret ist die Gegenwart?
Neue Ausstellung im MKK Ingolstadt: 24! Fragen an die Konkrete Gegenwart
Die Luft ist raus im MKK. Das gilt aber natürlich nur für die Luftballons, die noch bis vor kurzem in der Martin-Creed-Ausstellung das Erdgeschoß in ein gelbes Meer verwandelten. Anlässlich des 100. Geburtstags des Begriffs Konkrete Kunst wird nun seit Ende März in einer neuen Ausstellung die Aktualität dieser Kunstrichtung auf den Prüfstand gestellt – mit viel frischem Wind.
So exakt sich die Konkrete Kunst präsentiert, die Geburtsstunde des Begriffs ist da schon ein weniger schwammiger. 1930 ist er erstmals im gleichnamigen Manifest von Theo van Doesburg überprüfbar. Bereits 1924 soll er ihn aber für seine eigenen Werke verwendet haben, erklärt Ausstellungskurator Mathias Listl. Viel wichtiger für die Ausstellung ist aber ohnehin: Wie adapiert die heutige junge Generation den Begriff und die Ideen des „Konkreten“ für sich. Oder: Ist Konkrete Kunst noch aktuell?
Dafür hat das MKK zwölf ab 1980 geborene Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland eingeladen, eingehend Auskunft über ihre Beziehung zur Konkreten Kunst zu geben. Damit sind sie etwa im gleichen Alter wie damals van Doesburg und andere wichtige Vorreiterinnen und Vorreiter der Bewegung. Wie man merkt, war van Doesburg also nicht allein für die Entwicklung der Konkreten Kunst verantwortlich und auch das MKK holt sich zur neuen Ausstellung einen Weggefährten an die Seite. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Museum im Kulturspeicher (MiK) Würzburg, wo ebenfalls Werke von 12 Künstler*innen präsentiert werden – im Gesamten also 24.
Im MKK werden Werke unterschiedlichster Gattung gezeigt, aber um der aktuellen und zukünftigen Relevanz der Konkreten Kunst näher zu kommen, ist es sinnvoll, die ausstellenden Künstler*innen dazu zu befragen. Das ist auch geschehen, Fragen und Antworten werden in der Ausstellung präsentiert (s.o.). „Ich glaube, dass Konkrete Kunst heute dringender benötigt wird, denn je, da unser Geist gerade so überladen und ausgelastet ist, so benebelt. Für mich bedeutet Konkrete Kunst Ordnung, Ruhe und Frieden“, antwortet etwa die Künstlerin Vladiana Ghiulvessi auf eine der Fragen. Nur einer der 24 Künstler sieht sich selbst als Vertreter der Konkreten Kunst – umso interessanter, wie vielfältig die Grundlagen davon in ihre Werke einfließen.
Besonders beeindrucken die Werke der italienischen Künstlerin Silvia Inselvini. Vor allem wenn man bedenkt, woraus die Werke ihrer Reihe „Notturni“ (Nachtstücke, s. li.) entstehen: aus DIN-A4-Blättern und handelsüblichen Kugelschreibern. Strich an Strich setzt sie in einer regelrechten Sisyphusarbeit aneinander – die eingesetzten Kugelschreiber unterscheiden sich farblich nur in Nuancen. „Nicht zuletzt werden die einzelnen Arbeiten auf diese Weise auch zum Indikator der zu ihrer Entstehung aufgewendeten Zeit“, heißt es im Ausstellungskatalog, den man an dieser Stelle übrigens wärmstens empfehlen kann, hält er doch zusätzlich interessante Aufsätze über die Konkrete Kunst parat (Preis: 34€). Übrigens: Silvia Inselvini versuchte sich einst als Schriftstellerin. Das mochte ihr nicht recht gelingen. Stift und Papier wollte sie dennoch nicht zur Seite legen. Falls Sie sich fragen, wie die Künstlerin auf die Idee zu ihrer Notturni-Reihe kam.
Regelrecht „spannend“ wird es beim Kunstwerk der Österreicherin Anna-Maria Bogner, die genau wie Inselvini und der Künstler Martim Brion den Presserundgang begleitete. Sie durchspannt den hohen Raum des Museums mit einem langen schwarzen Band. Am Wichtigsten ist ihr dabei immer der Betrachter selbst. Stelle dieser sich die Frage „Was kann ein Raum sein?“, könne man sogleich „ganze Welten erbauen“, sinniert sie.
Für MKK-Direktorin Theres Rohde ist klar: Konkrete Kunst ist immer noch aktuell. Wie lange noch? Darauf hat Ausstellungskurator Mathias Listl eine Antwort parat: „Mindestens bis zum 200. Geburtstag.“
Die Ausstellung „24! Fragen an die Konkrete Gegenwart“ können Sie bis einschließlich 22. September besuchen.
V E R A N S T A L T U N G S T I P P
06. April: Tag der Konkreten Kunst
Vortrag Dr. Theres Rohde „Es ist kompliziert. Ein Versuch, die Konkrete Kunst zu definieren“
15 bis 16 Uhr
Während in der Ausstellung Werke einer aktuellen Künstler*innengeneration gezeigt werden, lädt Dr. Theres Rohde, Direktorin des Museums, ihre Gäste in einem Vortrag ein, mit ihr zu den Anfängen der Konkreten Kunst zurückzukehren. Zum Tag der Konkreten Kunst wird der Versuch unternommen, diese zu definieren, ihre Grundsätze zu erläutern und zu erklären, warum sich der ein oder andere Kunstschaffende heute damit schwer tut.
Kosten: Regulärer Museumseintritt
Weitere Führungen und Veranstaltungen hier.
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