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Der Unverpackt-Laden im eigenen Keller

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Der Unverpackt-Laden im eigenen Keller

Patricia Kufer in ihrem Unverpackt-Laden

Plastikfrei-Expertin Patricia Kufer aus Pfaffenhofen hat im Keller ihres Wohnhauses einen Unverpackt-Laden eröffnet. Betrieben wird er von dem Verein „Von Dahoam e.V.“ – einkaufen darf nur, wer Mitglied ist. Was war ihr Antrieb für einen eigenen Unverpackt-Laden? Und was wünscht sie sich für die Zukunft? Patricia spricht mit espresso über ihr neues Herzensprojekt.

Patricia, wie bist du auf die Idee gekommen, einen eigenen Unverpackt-Laden zu eröffnen?

Wir versuchen als Familie schon seit über sieben Jahren, ohne Plastik zu leben. Da ist der wöchentliche Einkauf nicht immer einfach. Deshalb wünsche ich mir schon lange einen Unverpackt-Laden in Pfaffenhofen. Es gibt zwar Unverpackt-Läden in Ingolstadt und Wolnzach, aus ökologischer Perspektive macht es aber keinen Sinn, jedes Mal so weit mit dem Auto zu fahren. Bei einem meiner Plastikstammtische wurde ich von einer Teilnehmerin darauf aufmerksam gemacht, dass es in Mönchengladbach einen Unverpackt-Laden gibt, der das Ganze als Verein betreibt. Ich habe dann kurzerhand zum Hörer gegriffen und ein langes Telefonat mit dem Vorstand des Vereins geführt. Danach habe ich schnell nach Mitstreitern gesucht – und bin fündig geworden. Anfang 2020 haben wir angefangen zu planen.

Wie viele Mitglieder zählt euer Verein schon?

Wir sind schon 70 Mitglieder, obwohl es unseren Verein erst seit einem Monat gibt. Das sind nicht nur Freunde und Bekannte, sondern tatsächlich auch Menschen, die wir davor noch gar nicht gekannt haben. Viele werden über Printmedien auf uns aufmerksam, oder Facebook und Instagram.

Was muss man alles beachten, wenn man einen Verein und gleichzeitig einen Unverpackt-Laden eröffnen will?

Die größte Hürde war, eine Vereinssatzung zu schreiben. Dann mussten wir den Verein über den Notar ins Vereinsregister eintragen lassen. Wir haben uns Darlehensverträge geschrieben, weil wir Gründungsmitglieder dem Verein erst einmal Geld geliehen haben. Das Veterinäramt war da und hat den Laden abgenommen. Der Laden an sich ist in Eigenarbeit entstanden. Die Theke zum Beispiel habe ich zusammen mit meinem Papa aus Europaletten und Glas gebaut. Eine große Herausforderung war und ist die Suche nach geeigneten Lieferanten. Wir wollten gerne regionale Anbieter, am besten sollen die Lebensmittel direkt vom Erzeuger kommen. So einfach ist das natürlich nicht. Einen Teil haben wir tatsächlich von regionalen Erzeugern, einen Teil beziehen wir über einen Unverpackt-Großhändler. Das weiteste, was wir anbieten, sind Sultaninen aus der Türkei. Aus Italien kommt einiges, das meiste aus Deutschland.

Was kann man bei euch alles kaufen?

Trockene Sachen, die sich gut lagern lassen. Da wir nur einmal in der Woche aufmachen, müssen wir natürlich auf das Mindesthaltbarkeitsdatum besonders achten. Wir haben zum Beispiel Nudeln, bayerischen Reis aus dem Chiemgau, wir haben Mehl, Essig, Öl, verschiedene Nüsse und Getreidesorten, Naschereien, Brotaufstriche und auch Hygieneartikel wie feste Seife und Zahnputztabletten, Reinigungsmittel und vegane Bienenwachstücher.

Gibt es Produkte, die ihr gerne noch in euer Sortiment mit aufnehmen würdet?

Bio-Backpulver. Da sind wir gerade auf der Suche. Bisher bekommt man das nur im 25-Kilo-Sack und das ist für uns einfach zu viel (lacht). Wir haben auf unserer Website einen Wunschkasten, wo die Vereinsmitglieder Produktwünsche angeben können. Viele Leute haben auch schon nach Gewürzen gefragt. Eigentlich kam das für uns nicht infrage, weil wir zuerst nur mit einem Basissortiment starten wollten. Aber jetzt ist die Nachfrage so groß geworden, dass wir gerade auf der Suche nach passenden Bio-Gewürzen sind, die wir in großen Verpackungen bekommen. Kühlware wie Käse und Milch haben wir bisher keine und können in den Räumlichkeiten auch keine anbieten. Wenn das Ganze irgendwann einmal größer werden sollte und wir jeden Tag offen haben, kann ich es mir aber durchaus vorstellen, auch Kühlware ins Sortiment aufzunehmen.

Viele unserer Leser waren wahrscheinlich noch nie in einem Unverpackt-Laden einkaufen. Wie läuft ein Einkauf bei euch ab?

Man bringt sein eigenes Gefäß mit, das man befüllen lassen möchte. Das Gefäß stellt man auf die Theke, wo wir es dann mit den gewünschten Lebensmitteln befüllen. Bei uns ist es so, dass wir die Gefäße der Kund*Innen nicht berühren dürfen laut Veterinäramt, auch nicht mit den Schaufeln. Wir kommen also zu keiner Zeit in Kontakt mit den Lebensmitteln. Deshalb können wir auch jetzt zu Corona-Zeiten unseren Laden offen halten.

Bei euch dürfen nur Vereinsmitglieder einkaufen. Warum habt ihr euch für dieses Konzept entschieden?

Dadurch, dass wir alles ehrenamtlich stemmen und keinen Gewinn erzielen wollen, können wir die Lebensmittel günstiger anbieten. Deshalb tut es auch nicht weh, Mitglied zu werden. Wir wollen eine Gemeinschaft aufbauen, in die sich jedes Mitglied mit seinen Fähigkeiten einbringen kann. Zum Beispiel können wir gerade unsere Workshops Corona-bedingt nicht durchführen. Deshalb haben wir einen Aufruf an unsere Mitglieder gestartet, ob sich jemand mit Film- und Videoproduktion auskennt, damit wir die Workshops auch online anbieten können. Der Unverpackt-Laden soll einfach ein Gemeinschaftsprojekt sein. Von Mitgliedern für Mitglieder, so ist der Gedanke dahinter. Das ist nicht in Stein gemeißelt. Es kann gut sein, dass irgendwann ein echter Laden daraus wird. Aber aktuell ist das der Plan.

In Patricias kleinem Laden gibt es so ziemlich alles, was das plastikfreie Herz begehrt, sogar Waschkastanien, vegane Frischhaltetücher und einen riesigen Vorrat an regionalem Honig

Ihr wollt mit eurem Unverpackt-Laden keinen Gewinn machen. Was macht ihr mit dem Geld, das ihr einnehmt?

Es gibt ein Vereinskonto, auf das unsere Einnahmen fließen. Neben den laufenden Kosten nutzen wir das Geld dafür, einmal im Monat für unsere Mitglieder einen Vortrag oder Workshop – zum Beispiel Reinigungsmittel selber herstellen – zu veranstalten, den sie dann kostenlos besuchen können. Bei dieser Gelgenheit wollen wir ihnen die nachhaltige Lebensweise näherbringen.

Du lebst schon seit über sieben Jahren so gut wie plastikfrei. Hast du das Gefühl, dass sich gerade in den letzten Jahren das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft weiterentwickelt hat?

Als ich vor über 7 Jahren damit angefangen habe, dem Plastik den Kampf anzusagen, wurde ich zuerst dafür von allen Seiten belächelt, sogar innerhalb der Familie. „Was spinnt sie denn jetzt wieder?!“, „Die armen Kinder?!“ – Das waren die Reaktionen, mit denen ich damals umgehen musste. Als wir als Familie dann aber beim Pfaffenhofener Klimaschutzpreis 2017 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurden, haben wir ganz plötzlich fast ausschließlich positive Aufmerksamkeit für unseren Lebensstil bekommen. Danach habe ich damit angefangen, Vorträge zu halten, bei denen ich den Interessent*Innen Einblicke gebe, wie wir es schaffen, so gut wie möglich auf Plastik im Alltag zu verzichten. Ich hätte niemals gedacht, dass sich das so positiv entwickelt und so viele Menschen zu den Vorträgen kommen.

Ich finde auch, dass es mittlerweile einfach geworden ist und immer einfach wird, ein umweltbewussteres Leben zu führen. Die Nachfrage nach Nachhaltigkeit wächst und damit auch das Angebot von Händlern, Supermärkten, etc. Kürzlich bin ich auf die Initiative „Einmal ohne, bitte“ aufmerksam geworden, an der sich auch die Stadt Pfaffenhofen beteiligt. „Einmal ohne, bitte“ hat es sich zum Ziel gemacht, Läden sichtbar zu machen, in denen man unverpackt einkaufen kann. Eigentlich ist diese Art von Einkauf eine Nische. Am Anfang war es mir auch unangenehm, in der Metzgerei zu fragen, ob ich das Fleisch in die Tupperdose bekommen kann anstatt in eine Plastiktüte. Um diese Nische zu verlassen, sind solche Initiativen Gold wert. Jeder Laden, in dem man unverpackt einkaufen kann, bekommt einen Aufkleber an die Tür, sodass man als Kund*In sofort bescheid weiß. So werden langsam aber sicher die Hemmschwellen abgebaut.

Warum braucht es dafür den Anstoß von kleinen Verbänden und Initiativen? Sollten nicht Politik und Wirtschaft als Vorbild vorausgehen?

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass es nichts bringt, auf Politik und Wirtschaft zu warten. Mir geht das einfach zu langsam. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, diesen Unverpackt-Laden zu eröffnen. Das ist sichtbar und greifbar. Wenn die Leute hier einkaufen, dann weiß ich genau, dass sie jetzt ohne Verpackung heimgehen. Wir tun, was in unserer Macht steht. Aber wir sind auch extrem, es muss nicht jeder so sein wie wir, überhaupt nicht. Es reicht, wenn jeder ein bisschen was macht. Jede Verpackung, die man nicht braucht, muss nicht mit wertvollen Rohstoffen unter Energieaufwand produziert werden. Sie gibt keine giftigen Inhaltsstoffe an meine Lebensmittel ab. Und sie muss nicht entsorgt werden. Das sind gleich drei sehr gute Taten, die man mit jeder gesparten Verpackung leistet.

Seit wann spielt das Thema Nachhaltigkeit in deinem Leben eine so wichtige Rolle?

Das hat vor 12 Jahren angefangen, als mein erstes Kind auf die Welt kam. Dieses Kind, dachte ich mir, ist so rein, dieses Kind hat nichts Fremdes in sich. Mir haben sich dann Fragen gestellt: Welche Medikamente kann ich meinem Kind bedenkenlos geben? In welchen Lebensmitteln sind Pestizide? Dadurch wurde ich immer bewusster im Umgang mit Lebensmitteln und Lebensmittelverpackungen.

Wie führst du deine Kinder an das Thema Nachhaltigkeit heran?

Vorleben ist das Beste. Mit erhobenem Zeigefinger kommt man nicht weit. Wenn meine Kinder zum Beispiel zum Sternsingen gehen und dann mit einem Sack voller Süßigkeiten – natürlich in Plastik verpackt – nach Hause kommen, dürfen sie die selbstverständlich behalten. Ohne Kompromisse funktioniert es nicht.

Patricia, vielen Dank für die Einblicke in dein kleines Herzensprojekt und viel Erfolg auf deinem weiteren plastikfreien Weg.

Alle weiteren Infos zum Verein Von Dahoam e.V. und dem Unverpackt-Laden gibt es online unter: www.von-dahoam.de

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