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Matip spricht Klartext

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Matip spricht Klartext

Interview: Sabine Kaczynski, Fotos: FCI

Neue Perspektiven

Für die Ingolstädter Fans ist und bleibt er der „Capitano“: Marvin Matip schnürte neun Jahre seine Fußballschuhe für die Schanzer, bevor er im vergangenen Herbst seine aktive Karriere beendete. Dem Verein blieb er weiterhin treu und absolvierte beim FCI ein Trainee-Programm, das er nun beendet hat. Im espresso-Interview spricht er nicht nur über seine Zeit als Trainee, sondern auch deutliche und beeindruckende Worte zum Thema Rassismus und der Black-Lives-Matter-Bewegung.

Vor rund neun Monaten hast du deine aktive Profikarriere beendet – hast du seitdem die Fußballschuhe nochmal angezogen?
Ja und Nein! Auf einem richtigen Fußballplatz nicht mehr! Dafür des Öfteren in unserem Skills.Lab und beim Cagesoccer. Aber wenn Corona nicht dazwischengefunkt hätte, hätte ich vermutlich nochmal beim „FCI 3“ (oder der „Weltauswahl“, wie sie in bestimmten Kreisen genannt wird, Anm. d. Red.) mein Comeback gefeiert. Das ist der Geschäftsstellenkick, der seit vielen Jahren einmal wöchentlich stattfindet.

Seit September 2019 absolvierst du ein Traineeprogramm bei den Schanzern, das du nun beendet hast – wie lautet dein Fazit?
Bis Corona alles zum Erliegen brachte, habe ich das Programm durchweg als positiv empfunden! Der Perspektivenwechsel und die damit verbundenen Erfahrungen sind wertvoll für mich und werden mir bei der weiteren Orientierung sicher helfen. 

Geplant war, dich im Marketing und im Vertrieb einzusetzen – welche Stationen hast du konkret durchlaufen?
Richtig, ich war sowohl im Marketing tätig, habe dort verschiedene Aktionen und CSR-Projekte mitgestalten dürfen, als auch Eindrücke der Vertriebsarbeit sammeln können. Dort ging es dann insbesondere um Aktivierungsmaßnahmen für unsere Sponsoren. Außerdem war ich in den abteilungsübergreifenden Meetings dabei, beispielsweise den Spieltagsvorbereitungs-Treffen, und durfte auch in andere Bereiche reinschnuppern.

Eines der Projekte, die du betreut hast, war das Skills Lab. Es gab die Überlegung, es kommerziell zu nutzen. Wie haben sich die Pläne entwickelt?
Es handelt sich um ein wirklich tolles Tool für individuelles Training, das ich zu meiner aktiven Zeit und insbesondere in der Jugend auch gerne gehabt hätte. Jedenfalls geht es um Überlegungen, dieses Trainingstool einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hier haben wir erste, kleine Schritte gemacht, aber der Prozess dauert noch länger und auch hier funkte – einmal mehr – Corona leider entscheidend dazwischen. Wir konnten jedenfalls feststellen, dass hier Potenzial vorhanden ist.

Welcher Bereich hat dir generell am besten gefallen und warum?
Mein fester Sitzplatz, auch kapazitätsbedingt, war letztlich im Marketingbüro, und dort würde ich meine Zukunft auch am ehesten sehen. Die Kreativität, die dort vorhanden ist und mit der an Kampagnen und Aktionen gebastelt wird, hat mich fasziniert… Mein Gefühl sagt mir, dass ich dort besser aufgehoben bin als beispielsweise auf einer Vertriebsposition. 

Hat die Corona-Krise dein Trainee-Programm beeinträchtigt oder konntest du alle Abteilungen wie geplant durchlaufen?
Tatsächlich hätte ich gerne noch tiefere Einblicke in andere Abteilungen gewonnen, beispielsweise in den Bereich Medien und Kommunikation oder auch Finanzen. Mit dem Lockdown und der damit verbundenen Home-Office-Regelung war das aber logischerweise nicht umsetzbar.

Wie hast du persönlich die Zeit des Lockdowns verbracht?
Im Home-Office, wobei durch den Wegfall des Spieltagserlebnisses und den damit verbunden Werbe- und Aktivierungsmaßnahmen dann schon deutlich weniger für mich zu tun war im Tagesgeschäft. Außerdem fehlte mir als relativ „jungem“ Teammitglied auf der Geschäftsstelle der direkte Austausch sowie auch mal der nicht zu unterschätzende Flurfunk, um über aktuelle Themen informiert zu sein und mich dranzuhängen.

Zu Beginn des Programms hast du gesagt, du weißt noch nicht, ob du überhaupt beim Sport bzw. Fußball bleiben willst – hast du nun eine Entscheidung getroffen?
Nein, noch nicht. Ich will nichts ausschließen und es gilt auch abzuwarten, wie sich der Fußball, die freie Wirtschaft und alles andere nach Corona darstellen! Ich bin trotz des Trainee-Programmes und Corona gut im Studium vorangekommen und hoffe, nächstes Jahr meinen Bachelor dann in der Tasche zu haben! 

Gibt es konkrete Pläne, was du nun im Anschluss tun wirst? Bleibst du den Schanzern erhalten?
Wie gesagt, erst einmal will ich meinen Bachelor machen und im Winter planen meine Frau und ich dann eine mehrmonatige Weltreise. Dann wird man weitersehen, was sich ergibt.

Du hast kürzlich im Rahmen der neuen Kooperation zwischen dem FCI und dem Blutplasmazentrum selbst Plasma gespendet. Wie war diese Erfahrung für dich?
Tolle Sache! Sehr nette Leute! Das war wirklich ein schönes Erlebnis, man ist gut aufgehoben, bekommt alle Fragen beantwortet und in Summe kann ich es allen espresso-Lesern nur empfehlen! Allem voran: Man tut etwas Gutes. Wer weiß, vielleicht ist man selbst auch einmal auf eine Blut- oder Plasmaspende angewiesen…

Marvin bei der Blutplasmaspende

Kommen wir zu einem weniger schönen Thema. Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat gezeigt, dass in vielen Köpfen noch immer rassistisches Gedankengut steckt. Wie hast du die weltweiten Demonstrationen erlebt?

Ich finde es toll, dass so viele Menschen in Deutschland, egal welcher Herkunft und Hautfarbe, gemeinsam und friedlich ein Zeichen gesetzt haben.

Es ist wichtig, dass wir einen Wandel in die Köpfe hinein-, und den Alltagsrassismus herausbekommen. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht nur ein kurzzeitiger Trend ist, sondern sich wirklich etwas ändert!

Hast du selbst jemals negative Erfahrungen aufgrund deiner Hautfarbe gemacht?
Natürlich. Ich denke ehrlich gesagt, dass es nur sehr wenige Menschen mit dunkler Haut gibt, die noch keine negativen Erfahrungen gemacht haben. Ich als Person war aber immer ein Typ, der solche Dinge nicht so an sich rankommen lassen hat. Spätestens als Fußballer, der in der Öffentlichkeit steht, geht es gar nicht ohne sehr dickes Fell. 

Aber der Gedanke, dass ich irgendwann meinen Kindern erklären muss, dass sie sich in gewissen Situationen anders zu verhalten haben oder dass sie von Menschen wegen ihres Äußeren in der einen oder anderen Situation anders behandelt werden könnten, macht mir schon Angst. Deswegen hoffe ich, dass diese aktuelle Zeit des Wandels auch ein „aufeinander zu“ und „mehr miteinander“ bewirkt! 

Glaubst du, dass Rassismus generell wieder zugenommen hat oder siehst du das eher als ein hauptsächlich amerikanisches Problem?
Der Rassismus ist definitiv nicht nur ein amerikanisches Problem. Rassismus fängt ja nicht erst an, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe getötet werden. Ich glaube, dass wir im Jahr 2020 vielleicht vermehrt unsere Sprache, unser Verhalten und unser Denken überprüfen müssen. Empathie und gedankliche Perspektivwechsel können dabei helfen. Dabei geht es aber nicht allein um Hautfarben, sondern auch um Geschlechter und Generationsthemen.

Ob Rassismus mehr geworden ist? Ganz ehrlich, keine Ahnung – aber ist nicht schon ein wenig Rassismus zu viel? 

Zurück zu positiven Dingen: Deine Ex-Mannschaftskollegen haben sich gerade wieder an die Aufstiegsplätze herangekämpft. Ganz ehrlich: Juckt es manchmal noch in den Beinen, wenn du die Spiele siehst?
Jucken tut es vielleicht nicht mehr, aber ich fiebere bei den Spielen definitiv mit den Jungs! Eine Erkenntnis dabei: Mit auf dem Platz zu stehen ist nervlich einfacher, als von außen zuzusehen (lacht). 

Hast du schon eines der Geisterspiele live gesehen? Wie fühlt sich das für dich an?
Im Stadion war ich leider noch nicht, da ja nur notwendiges Spieltagspersonal erlaubt ist! Aber eventuell ergibt es sich ja noch… Ich erinnere mich nur an ein Geisterspiel in Dresden. Es hängt viel davon ab, wie man sich selbst und sein Team pushen kann! 

Was traust du den Jungs noch zu? Schaffen sie die Rückkehr in Liga 2?
Ich gehe definitiv davon aus, dass ich im Juli mit den Jungs Corona-konform die Zweitliga-Rückkehr feiern kann.

Letzte Frage: Was wünschst du dir beruflich und privat für die Zukunft?
Einen Beruf, der mich erfüllt und glücklich macht! 

Vielen Dank für das Gespräch, Marvin!

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