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Sikh & The City

Der Junge mit dem Turban
Der geborene Inder Damanjit Singh möchte mit dem Verein Indian Nomads Menschen bei der Integration in Ingolstadt zur Seite stehen. espresso-Chefredakteurin Stefanie Herker hat ihn getroffen.
In 20 verschiedenen Farben besitzt Damanjit Singh Dastars. Sikhs tragen den Dastar (Turban) mit Liebe und Demut, denn es dient dem Schutz des ungeschnittenen Haars (Kesh), welches für Sikhs ein Geschenk der Natur ist. „Mein Haar ist bereits hüftlang“, erklärt der 28-Jährige. Auch wenn er nicht streng gläubig ist, dankbar für seine Religion ist Mister Singh schon. „Unsere Religion ist einfach schön, denn sie sagt, dass alle Menschen gleich sind.“

Egoismus ist bei uns verpönt, aber wer ehrliche Arbeit verrichtet, dem steht auch Reichtum zu
Ein kleiner Exkurs: Die im Punjab (Nordwestindien) gegründete Religionsgemeinschaft wird weltweit als Sikhismus bezeichnet und hat heute gut 25 Millionen Anhänger. In Indien bilden Sikhs mit rund zwei Prozent Bevölkerungsanteil die viertgrößte Religionsgemeinschaft nach dem Hinduismus ( 80 %), dem Islam (13,4 %) und dem Christentum (2,3 %). Einen männlichen Sikh erkennt man am Nachnamen Singh (Löwe), eine Sikh-Frau am Nachnamen Kaur (Prinzessin). Der Sikhismus baut auf drei Säulen auf: Naam Japna (meditieren), Kirat Karna (ehrlich seinen Lebensunterhalt verdienen) und Vand Chakna (teilen). Sikhs glauben an einen einzigen Gott, genannt Waheguru, der allerdings nicht personifiziert ist und sich nicht in einer Form manifestiert. „Wir glauben an eine übergeordnete Macht im Universum und an die Unzerstörbarkeit der Seele, an einen Kreislauf von Wiedergeburt, bis die Seele rein ist und mit Gott vereint werden kann.

Es gibt zehntausende von Möglichkeiten wie man wiedergeboren werden kann. Eine davon ist Mensch.“ Damanjit lächelt. „Und der Tod ist etwas Unvermeidbares. Du sollst es akzeptieren. Es ist so, wie es ist, und du brauchst keine Angst haben“, sagt er. Wie man als Sikh so in Ingolstadt lebt, möchte ich von ihm wissen. „Ich stehe früh auf, meditiere, mache Fitness, gehe zur Arbeit und esse am Abend mit meiner Frau. Aber ich bin ehrlich: Ich vermisse unsere Kultur.“ Seine Wegbegleiter sind Demut und Bescheidenheit. Er schätzt die Natur, streng vegetarisch lebt er aber nicht. Persönlicher Reichtum ist im Sikhismus übrigens keine Sünde und auch das Streben nach Ansehen wird bestärkt: „Ein Sikh sollte beispielgebend sein, man kann sich auf ihn verlassen und ihn stets um Rat fragen. Der Dastar soll zeigen: hier ist jemand, an den du dich unter 100.000 Menschen wenden kannst, wenn du Hilfe brauchst“, erklärt Damanjit, der das Glück hatte, dass sein Vater selbst ein weitgereister und fleißiger Geschäftsmann war. „Meine Eltern wollten immer, dass mir und meiner Schwester alle Möglichkeiten offen stehen.“
Die Sprache zu lernen ist daher der wichtigste Schlüssel zur Integration
Damanjit kam nach seinem Bachelor-Studium von Punjab nach Ingolstadt. An der Fachhochschule Ingolstadt hat er den Master in International Automotive Engineering absolviert. Ausländische Fachkräfte sind gefragt: Zunächst arbeitete er neben dem Studium an der THI, danach als Ingenieur bei EDAG, seit 2024 ist er bei Vaiva in Gaimersheim beschäftigt. An seine Anfangszeit in Ingolstadt erinnert er sich noch gut. „Eine besondere Hürde war die Sprache.“ Dass er jetzt so gut Deutsch spricht, verdankt er einem Doktoranden der THI, der ihn beim Deutschlernen sehr unterstützte. „In Indien haben junge Leute neben dem Studium meist keinen Job“, lacht er. „Hier ist das anders. Die Sprache zu lernen ist daher der wichtigste Schlüssel zur Integration, um u.a. auch einen Studentenjob zu finden“, stellt der Ingenieur fest. Jetzt möchte er etwas zurückgeben. Zusammen mit seinem Freund Himanshu Mahajan, der ein Hindu ist, hat er im November 2024 den Verein Indian Nomads gegründet. „Aktuell sind wir acht Leute, darunter auch meine Frau.“ Der Verein ist gerade im Aufbau. Er richtet sich nicht nur an Menschen aus Indien. „Uns ist es egal, welcher Religion oder Kultur jemand angehört. Wir verstehen uns als ehrenamtliche Helfer für Neu-Ingolstädter. Wir helfen beim Sprachelernen, bei Gesprächen mit der Ausländerbehörde, der Jobsuche und bei allen wichtigen Fragen rund um das Leben in Ingolstadt.“

Und der fröhliche Aspekt des gemeinschaftlichen Feierns soll auch nicht zu kurz kommen: „Wir haben Feierlichkeiten und Events wie ein buntes Holi-Festival vermisst und dachten uns, wenn nicht wir es in Ingolstadt etablieren, wer dann.“ Im April fand das Fest der Farben im Schutterhof statt. Und am 9. Mai wird im Nest in Ingolstadt mit Bollywood-Musik gefeiert. Das Ziel: Vorurteile abbauen, interkultureller Austausch, gemeinsam tanzen und feiern, voneinander das ein oder andere lernen, Spaß haben. So soll es sein.
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„4471 Tage – Ingolstadt im Dritten Reich“ bald online zu sehen
Eindringlich zeichnete Florian Schiekofer die 4471 Tage von der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bis zur Befreiung Ingolstadts 1945 nach. Die aufwendig produzierte Serie zog bei diversen Vorführungen 1.600 Menschen in ihren Bann – bald ist sie auch online zu sehen.

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