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Dem Ingenieur ist nichts zu schwer

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Dem Ingenieur ist nichts zu schwer!

Interview mit Landratskandidat Andreas Herschmann

Andreas Herschmann (41), SPD, verheiratet, 2 Kinder, will Landrat für den LK Pfaffenhofen werden. Auf Wahlkampfveranstaltungen glänzt er mit seinem Fachwissen als Ingenieur. Sein Erfindergeist und seine Vorstellung Umwelt und Industrie in Einklang zu bringen, treiben ihn an. Auf dem Bild hält Andreas Herschmann ein Modell für einen Elektrolyse-Brennstoffzellen-Motor.

Sie sind Ingenieur. Wie kamen Sie zur Politik und wo haben Sie sich in den vergangenen Jahren engagiert?
Ja, ich habe technische Physik an der FH in München studiert und betreibe ein kleines Ingenieurbüro in Pfaffenhofen. 2007 wurde mir aber klar, dass es im Bereich Energiewende etwas zu tun gibt und ich wollte diese Verantwortung nicht länger auf „andere – auf die Politik der anderen“ abschieben sondern wollte es selbst in die Hand nehmen. Und so sah ich 2008 die Verantwortung bei mir, mich dafür aktiv zu engagieren. Ich habe zusammen mit Markus Käser, Thomas Herker und anderen Mitstreitern den Energie-und Solarverein gegründet und mich für das Amt des Stadtrates auf der SPD Liste als parteiloser Kandidat zur Wahl gestellt. 2012 habe ich die Bürger-Energie-Genossenschaft gegründet um eine sozialgerechte Energiewende zu gestalten und Bürger zu beteiligen – mittlerweile sind wir eine der größten Bürgerenergie Genossenschaften in Bayern mit rund 750 Mitgliedern! Seit 2014 bin ich im Stadtrat Pfaffenhofen Referent für Energie und Klimaschutz und bei den Stadtwerken im Verwaltungsrat. Das Engagement in der Politik sehe ich übrigens völlig uneitel, vielmehr als Verpflichtung sich in der Gesellschaft zu engagieren wie jeder der im Ehrenamt tätig ist ohne dass unsere großartige Gesellschaft nicht funktionieren würde. Dabei habe ich meine Fähigkeiten eingebracht wie ein Sporttrainer oder viele andere, die sich im Ehrenamt engagieren. Ein kleines Beispiel sei mir dazu vielleicht gestattet – mit der Rekommunalisierung unseres Stromnetzes in Pfaffenhofen ist es mir gelungen den Pfaffenhofener Stromkunden jedes Jahr rund 1 Mio. Euro durch geringere Netzentgelte zurückzugeben. Das ist für mich auch eine Art von regionaler Wertschöpfung!

Sie sind ein Tüftler. Was haben Sie schon alles erfunden? Gibt es Patente?
Mit 14 Jahren habe ich mit einer selbstgebauten Lasershow mein Taschengeld etwas aufgebessert, das war 1992 schon etwas Besonderes . Ansonsten hat mich schon immer Technik fasziniert, die uns Menschen weiter bringt. Für die ÖBB habe ich eine Konzeptstudie für eine Akkulok mitentwickelt und natürlich begeistert mich das Thema Energieeffizienz. Zusammen mit der Firma Xella habe ich für mein Plusenergiehaus einen Dämmstein entwickelt. Das Gebäude wird nur mit selbsterzeugtem Solarstrom vom Dach beheizt – dazu musste ich eine eigene modulierende Solewärmepumpe konzipieren. Patente habe ich bisher keine angemeldet, mich würde es mehr freuen, wenn es nachgebaut wird!

Gibt es etwas, dass Sie gerne noch erfinden würden?

„Ich würde gerne einen Elektro-DeLorean mit Fluxkompensator um
 Zeitreisen zu können erfinden! 
Aber fürs Erste wäre auch das Hoverboard wie bei
 Zurück in die Zukunft schon eine schöne Sache.“

Unsere Industrie ist die Wohlstandsgarantie für unsere Region. Wie können wir unseren Industriestandort und Arbeitsplätze sichern und gleichzeitig unsere Umwelt schützen?
Das haben mittlerweile die größten Unternehmen der Welt begriffen, dass nur mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise unser Wohlstand Bestand hat. Der Landkreis mit seinen 19 Gemeinden kann dazu Infrastruktur und Rahmenbedingen schaffen. Das reicht von nachhaltigen Gewerbegebieten, die einen Mehrwert zur Energieproduktion, Natur- und Artenschutz bieten über eine Mobilitätsgarantie für unsere Landkreisbürger. Mit intelligentem Bedarfsverkehr muss jeder Azubi seinen Arbeitsplatz erreichen können und die beste Ausbildung im Landkreis bekommen. Dazu werde ich einen Standort für einen Ausbildungs-Campus mit Wohnheim suchen und innovative Startups fördern. Ich bin selbst seit 21 Jahren Unternehmer und weiß, dass das wichtigste Planungssicherheit für Investitionen ist – dann ist Technik und Umwelt auch kein Widerspruch.

Wie schaffen Sie die Energiewende im Landkreis Pfaffenhofen?
Energiewende bedeutet für mich nicht nur Energie dezentral und erneuerbar zu erzeugen, sondern auch eine Demokratisierung der Energieversorgung. Mit einem Regionalwerk möchte ich jährlich 130 Millionen Euro an Wertschöpfung bei der Energieversorgung zurück zu den Menschen in den Landkreis holen. Wenn wir neben Sonne und Wind noch die Potentiale aus Reststoffen nutzen, die der landkreiseigene Abfallwirtschaftsbetrieb bisher ungenutzt lässt und Effizienz ernst nehmen, sehe ich für diesen wunderbaren, vielfältigen Landkreis kein Problem.

Regionaler Bauernmarkt, Bodenallianz, regionale Schulküche, Bürgerwindpark. Sind das erfolgsversprechende Projekte aus Pfaffenhofen, die sich auch auf den gesamten Landkreis erweitern lassen?
Der Landkreis ist mit seinen 19 Gemeinden landschaftlich vom Jura bis zum tertiären Hügelland sehr unterschiedlich aber auch strukturell gibt es starke Kontraste. Mehr Bürgerbeteiligung und grundsätzlich die Förderung von Direktvermarktung sind auf jeden Fall auch ein Erfolgsprojekt im Kreis.

Ihrem Wahlslogan „Dem Ingenieur ist nichts zu schwer“ nach, trauen Sie sich an alle Projekte im Landkreis ran. Wo sehen Sie die Top 5 Defizite und wie sehen hierfür Lösungsansätze aus?

  • Beim ÖPNV belegen wir Platz 393 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland und haben zudem eine der höchsten KFZ Dichten in Deutschland. Hier muss man vielleicht mal klarstellen, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) zu den Aufgaben des Landkreises gehört und im Nahverkehrsgesetz geregelt ist. Das Ziel muss sein, dass man sich das Zweitauto sparen kann. Dazu müssen wir emissionsfreie Alternativen schaffen, um mit einer menschengerechten Verkehrsplanung allen Bürgern im Landkreis eine Mobilitätsgarantie geben zu können. Die Flexibilisierung des ÖPNV kann dabei auch in dünn besiedelten, peripheren Räumen ein ÖPNV-Angebot auf schwach nachgefragten Linien ermöglichen. Für die kleineren Gemeinden brauchen wir flächendeckend Rufbusse und eine überregionale Zusammenarbeit bei Mobilität. Flankierend müssen Angebote, die uns die Digitalisierung bietet, genutzt werden und ein Pendlerportal eingerichtet werden sowie Dorfteiler Autos (CarSharing im ländlichen Raum) vom Regionalwerk in Kooperation mit Kommunen angeschafft werden.
  • Bei der Energiewende sind wir unterdurchschnittlich in Bayern, hier muss der Landkreis mehr Erneuerbare Energien ausbauen. Wir brauchen ein gemeinsames Ziel für den Landkreis bis 2030 und müssen Regionalwerke gründen für Regionalstromvertrieb und Ausbau EE um das Potential von 130 Mio. Euro an Wertschöpfung zu nutzen. Der AWP kann eine Biogasanlage mit biogenen Reststoffen bauen. Im Bereich Mobilität sollten wir Biomethan und Wasserstoff-Tankstellen sowie E-Ladestationen im ganzen Landkreis ausbauen. Und die Digitalisierung endlich auch im Bereich Energiewende stärker nutzen, um Erzeugung und Verbrauch stärker zu koppeln.

  • Apropos Digitalisierung – Ein Roboter im Landratsamt hat für mich nichts mit Digitalisierung zu tun. Das ist Symbolpolitik und bringt keinen Mehrwert statt die Chancen zu nutzen! Im Digitalisierungsbereich müssen wir kreative Köpfe einbinden und ernstzunehmende Projekte auch fördern. Für mich sind das Anwendungen in der Land- und Forstwirtschaft wie der Einsatz von Drohnen und Farmdroiden oder eine Software-Initiative, um beispielsweise ein Open-Data-Portal aufzubauen, damit unsere Daten auch uns gehören! Aber auch um mehr Bürgerservice bieten zu können, wäre ein Digital-Dialog, also Video-Sprechstunden für Landrat und Ämter denkbar sowie ein Beteiligungsportal, also ein Bürgermelder mit Bearbeitungsgarantie für den gesamten Landkreis. Mehr Transparenz und Begeisterung für die Themen im Landkreis sollten wir uns auch zum Ziel machen in Zeiten, in denen antidemokratische Kräfte versuchen, an unserem Wertegerüst zu rütteln, deshalb braucht es Medien, die auf der Höhe der Zeit sind – z.B. Liveübertragung der Kreissitzungen und Infovideos über Besonderheiten im Landkreis. Der Breitbandausbau ist auch noch so ein Dauerthema, das wir ernst nehmen müssen, wenn wir Telearbeit und damit new work und Familienfreundlichkeit fördern wollen.

  • Bei der Familienfreundlichkeit liegen wir übrigens auf Platz 325 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland. Das spricht nicht gerade für die Lebensqualität im Landkreis. Leider verzeichnen wir als wirtschaftsstärkster Landkreis auch eine steigende Zahl sozialer Härtefälle. Darum kümmert sich aber nicht die Politik sondern Bürger helfen ehrenamtlich mit Angeboten wie der Tafel oder einer Kleiderkammer. Der Landkreis könnte hier unterstützen und für diese caritativen Vereine Räumlichkeiten und Infrastruktur zur Verfügung stellen oder Sozialkaufhäuser in der Region aktiv fördern. Für zugezogene und junge Familien brauchen wir eine Kinderbetreuungsbörse, um die Kindertagespflege weiter zu verbessern. Und für die Senioren braucht es eigentlich Seniorenbüros in allen größeren Gemeinden und lokale Bausteine für ein gutes Leben im Alter. Mit einem Pflegekompass sollten wir die möglichen Beratungs- und Leistungsangebote im Überblick darstellen um eine Orientierung geben zu können.

  • Und am Ende dürfen wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen nicht vergessen. Neben Energiewende und Klimaschutz müssen wir uns aktiv für mehr Artenvielfalt und Umweltschutz einsetzen. Bei den Ökoflächen und pestizidfrei bewirtschafteten Flächen liegt der Landkreis mit gerade mal rund 7 % noch unter dem Bayernwert von 11 % Flächenanteil. Wir können mit einem Biotopverbund und Blühstreifen an Kreisstraßen oder grünen Bändern durch den Landkreis oder einem Landschaftspflegeverbund gemeinsam mit den Kommunen viel tun.

„Wir sollten dringend den Landwirten die Hand reichen und 
gemeinsam an Lösungen arbeiten wie es schon erfolgreich in der Stadt Pfaffenhofen mit der Bodenallianz praktiziert wird.“

Was ist Ihr Plan gegen den Wohnungsmangel?
Wir müssen im Landkreis miteinander 1000 Wohnungen pro Jahr schaffen. Eine kreisweite Wohnbaugesellschaft für Planung, Bau und Unterhalt könnte günstige Mietwohnungen und geförderter Wohnungsbau / Sozialwohnungen realisieren, wo unsere Kommunen das nicht mehr leisten können. Und wir können den genossenschaftlichen Wohnungsbau fördern, indem wir zum Beispiel günstige Grundstücke auf kreiseigenen Flächen zur Verfügung stellen. Ein Azubiwohnheim wäre zudem eine Wirtschaftsförderung für kleine und mittlere Unternehmen, die sonst keinen Nachwuchs mehr beschäftigen können. Aber auch neue und frische Ideen, wie eine Tiny-Haus-Siedlung kann ich mir vorstellen.

Welche konkreten Ideen haben Sie im Bereich Bildung?
Zuerst mal müssen wir die kleinen Schulstandorte für Grund- und Mittelschulen sichern. Um Gefahren rechtzeitig erkennen zu können, brauchen wir eine Bildungslandkarte und müssen Schülerströme erfassen.
Parallel werde ich den Ausbau der Ganztagesangebote an weiterführenden Schule forcieren, denn alle Kitakinder kommen irgendwann auf weiterführende Schulen. Und in den Ferien brauchen wir Angebote und Ferienbetreuung für Schulkinder im ganzen Landkreis. Mit einem Campus zur Berufs- und Erwachsenenbildung (VHS) mit Ansiedelung einer Fachakademie für soziale Berufe möchte ich etwas dem Fachkräftemangel entgegensetzen. Und ein Testprojekt “Späterer Schulbeginn” nach der Empfehlung von Schlafmedizinern würde ich gerne ernst nehmen und versuchen.

Sie haben einmal gesagt, Sie wären nicht der „Chef der Bürgermeister“. In welcher Rolle sehen Sie sich eher?
Der Landrat ist Partner der Bürgermeister für die gemeinsamen Projekte! Alles, was eine Kommune alleine nicht umsetzen kann, braucht in irgendeiner Form die Unterstützung des Kreises. Ich möchte für Bürger und Kommunen Lösungen, von denen beide was davon haben.

Der Landkreis wirkt momentan noch nicht wie eine Einheit. Wie wollen Sie es schaffen, dass gemeinschaftlich gehandelt wird und Interessenskonflikte minimiert werden?
Ich glaube an den Genossenschaftsgedanken – was einer alleine nicht schafft, dass schaffen viele. Das heißt aber auch nicht immer zwingend alle, denn auch die Herausforderungen sind nicht für alle Gemeinden gleich. Was wir brauchen sind Themenallianzen, die es zu schmieden gilt, damit für jeden ein Mehrwert entsteht und am Ende die Individualität einer jeden Gemeinde erhalten bleibt, oder kurz gesagt: „19 Gemeinden – ein Landkreis“.

Wie würden Sie sich selbst charakterisieren?
Jeden Menschen bewegt etwas anderes. Für mich waren es schon immer Erfindungen, Innovationen, Lösungen zu Problemen der Menschen zu finden – das hat mich begeistert! Wir müssen jetzt mit „Erfindergeist und guten Ideen“ einen zukunftsfähigen Landkreis bauen. Wir haben kein Erkenntnisproblem – wir haben ein Umsetzungsproblem! Meine Stärke, glaube ich, ist es aus einem Problem eine Win-win-Situation zu machen, gemeinsam von unten mit den Bürgern und Gemeinden für einen enkeltauglichen Landkreis. „Anpacken statt alles auf die lange Bank schieben“ ist da meine Devise, zu der ich mich besonders im Bereich Nachhaltigkeit als Christ verpflichtet fühle. „Diese Region kann mehr!“

Sie wirken sehr ausgeglichen. Wie sieht Ihr Ausgleich zur Arbeit aus und gibt es auch etwas, das Sie rasend macht?
Oh ja – Lügen, Unsachlichkeit und Ungerechtigkeit kann ich nicht leiden. Aber deshalb muss ich nicht gleich zum Holzhacken nach draußen. Meine Familie ist der beste Ausgleich und meine zwei kleinen Jungs zeigen mir immer wieder, warum es sich lohnt, jeden Tag daran zu arbeiten die Welt ein bisschen besser zu machen.

Wie wird Ihr erster Arbeitstag als Landrat aussehen, sofern es die Wähler so wollen?
Ich möchte mich zuerst mit allen Bürgermeistern und Mitarbeitern treffen, aber das werde ich wohl nicht an einem Tag schaffen.

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