Berührende Worte zum 8. Mai

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Berührende Worte zum 8. Mai

Caroline Klapper mit ihrer Tochter | Fotos: Sebastian Birkl
Kommentierender Bericht zum Tag der Befreiung

80 Jahre, 80 Menschen. Mehr kamen zu einer Mahnwache am 8. Mai, 80 Jahre nach Kriegsende, nicht auf dem Theaterplatz zusammen. Doch vor allem eine Rede berührte.

Wer sind die neuen Radikalen der AfD im Bundestag? Diese Frage stellte Correctiv im April und gab auch gleich die Antwort dazu. Einer davon: Tobias Teich. Der Pfaffenhofener AfD-Kreisrat fiel in der Vergangenheit aus liberaler Sicht oft negativ in den Sozialen Netzwerken auf, u.a. mit einem Like für ein Bild auf Facebook. Auf dem Bild steht der Slogan „8. Mai Wir feiern nicht!“. „Die rechtsextremistische Geschichtsverdrehung nutzt den 8. Mai, also den ‚Tag der Befreiung‘, um die Kriegsschuld der Deutschen und den Holocaust zu relativieren“, schreibt Correctiv dazu. Man könnte auch sagen: Wer beim Ende eines Krieges mit über 60 Millionen Toten keinen Grund zu feiern findet, sieht das Kriegsende vielleicht als persönliche Niederlage. Tobias Teich gehörte der offiziell aufgelösten rechtsextremen AfD-Strömung „Der Flügel“ an.

Mahnwache am 8. Mai 2025 in Ingolstadt

Rund 80 Menschen, die den 8. Mai durchaus als „Tag der Befreiung“ wahrnehmen, versammelten sich am Donnerstagabend auf dem Theaterplatz. Neben den Jugendverbänden der SPD, der Grünen und der FDP rief auch das Bündnis „Ingolstadt ist bunt“, der DGB und der Verein leben:IN:klusion zu dieser Mahnwache auf.

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Caroline Klapper, Vorsitzende des Inklusionsvereins, erinnerte in knapp fünf Minuten Redezeit an eines der fürchterlichsten Programme der Nationalsozialisten: das Kinder-Euthanasie-Programm. „Schätzungen zufolge sind 10.000 geistig und körperlich behinderte Kinder von den Nazis getötet worden. Das Kinder-Euthanasie-Programm begann 1939 – zwei Jahre bevor die Nazis mit dem systematischen Mord an den europäischen Juden begannen. Ärzte und Hebammen wurden verpflichtet, Säuglinge und Kinder mit bestimmten angeborenen und schweren Leiden zu melden“, so Klapper. „Den Eltern wurde gesagt, ihre Kinder kommen in spezielle Kinderkliniken, in Wirklichkeit kamen die Kinder in Tötungsanstalten.“ Kurz danach wurde das Programm auf erwachsene Menschen mit Behinderung ausgeweitet. Mindestens 70.273 Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung seien in eigens errichteten Vergasungsstätten ermordet worden, so Klapper. Das Programm wurde schließlich ausgeweitet, am Ende kamen so 250.000 Menschen ums Leben.

Zum Ende der Rede wird Caroline Klapper sehr persönlich. „80 Jahre. Eine lange Zeit, möchte man meinen. 80 Jahre – und ich schaue in die Augen meiner Tochter, und 80 Jahre sind nichts. Nur 80 Jahre früher geboren – und es raubt mir den Atem. 80 Jahre, ein Blick, und ich erahne das Grauen.“ Caroline Klappers Tochter hat das Downsyndrom. Wer das Kind fröhlich hat tanzen sehen und dann die schweren Worte der Mutter hört, wer sich vor Augen führt, dass 80 Jahre wirklich nur ein Katzensprung in unserer Geschichte sind, der kam nicht umher, einen Kloß im Hals zu spüren.

„Nie wieder ist jetzt“, hörte man in fast jeder Rede der Mahnwache. Doch das Nie Wieder ist brüchig, wie Kulturreferent Marc Grandmontagne nur wenige Stunden zuvor im Stadttheater treffend formulierte. Wie brüchig, das erkennt man vielleicht auch daran, dass in einer Großstadt mit 145.000 Einwohnern nur 80 Leute 80 Jahre nach Kriegsende die Notwendigkeit zur Teilnahme an einer Mahnwache sahen.

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