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„Im tiefsten Herzen bleibe ich ein Schanzer“

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„Im tiefsten Herzen bleibe ich ein Schanzer“

Fotos & Text: Sabine Kaczynski

Nach 16 Jahren beim FC Ingolstadt 04 gibt Franz Spitzauer seinen Posten als Geschäftsführer ab

Seinen Abschied auf Raten – er bleibt den Schanzern als Geschäftsführer der Audi Events und Services GmbH und zur Unterstützung seines Nachfolgers noch ein bisschen erhalten – hat der 56-Jährige bereits vor gut einem Jahr beschlossen, Ende Juli gibt er sein Amt nun offiziell ab. Im espresso-Interview blickt er auf seine Zeit mit vielen Höhen und Tiefen bei dem Ingolstädter Verein zurück und verrät, was er für die Zukunft plant.

Herr Spitzauer, das bittere Ende der vergangenen Saison mit dem missglückten Aufstiegsversuch in die 2. Liga ist nun schon einige Zeit her – wie haben Sie die Ereignisse rund um die Relegation inzwischen verkraftet?
Die ersten Tage danach waren verdammt schwer. Vor allem die Kürze der Einschläge war das Problem. Aber mit ein bisschen Abstand erkennt man, dass es sicher Schlimmeres auf der Welt gibt. Im Sport lernt man generell, mit Erfolgen und Misserfolgen innerhalb kurzer Zeit klarzukommen und beim Erfolg nicht zu überpacen, aber bei der Niederlage auch nicht zu Tode betrübt zu sein.

Wie haben Sie die Zeit danach verbracht?
Ich habe mich am Sonntag direkt ins Auto gesetzt und bin mit meiner Frau vier Tage weggefahren, wollte nichts hören und nichts sehen und bin auch nicht ans Telefon gegangen. Diesen Abstand habe ich gebraucht, ich wollte mit dem Thema erstmal nicht konfrontiert werden und es verarbeiten.

Als Schanzer der ersten Stunde und nach elf Jahren als Geschäftsführer beim FCI geben Sie nun Ende des Monats Ihren Posten ab – welche Beweggründe stecken dahinter?
Man hinterfragt sich ständig selbstkritisch und überlegt, ob man nach so einer langen Zeit noch die nötigen Impulse geben kann. Vielleicht kehren neue Besen doch ein bisschen besser. Die Entscheidung ist ja schon Ende letzter Saison gefallen und ich bin immer noch sicher, dass es die richtige war, um für den Verein und auch mich selbst neue Perspektiven schaffen zu können.

Letztlich war es eine rationale Entscheidung, die immer mal wieder emotional boykottiert wurde.

Wie fühlt es sich an, die Schanzer nach so langer Zeit zu verlassen?
Ich verlasse die Schanzer ja nicht, im tiefsten Herzen bin ich ein Schanzer und werde es auch immer bleiben. Zudem bin ich noch bis zum 30. Juni 2021 vor Ort, auch damit der Übergang auf meinen Nachfolger reibungslos ablaufen kann, zumal die Geschäftsführertätigkeit rund um den FCI sehr komplex ist. Es ist also ein Abschied auf Raten, was mir den Schritt erleichtert. Außerdem bin ich gespannt, was das Leben außerhalb des Sports mit sich bringt und ich werde definitiv die freien Wochenenden genießen.

Positiv sind für mich vor allem die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, das Team, die Partner und der Zusammenhalt.

Es waren 16 ereignisreiche Jahre, auf die Sie zurückblicken können: Welche Geschichten sind Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben – positiv wie negativ?
Der erste Abstieg in die 3. Liga 2009 war schon negativ, aber das letzte Jahr mit all seinen Facetten bleibt am meisten haften. Der Corona-Lockdown mit dem anschließenden Kampf, die Saison zu Ende spielen zu können und schließlich die letzten beiden Wochen – das sind schon echte „Negativ-Highlights“. Aber auch das Spiel gegen Braunschweig 2013, als die Eintracht in unserem Stadion den Bundesliga-Aufstieg feierte, bleibt mir in schlechter Erinnerung. Positiv sind für mich vor allem die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, das Team, die Partner und der Zusammenhalt. Sportlich war es natürlich der Aufstieg in die Bundesliga und auch die beiden Spiele gegen RB Leipzig. Wenn du ein Spiel gewinnst und dann durchs Stadion läufst – das sind Gänsehaut-Momente, die vergisst man nicht. Dass es mir gegönnt war, den Verein von der Satzungsschreibung über die Gründungsfeier bis zum Bau des Stadions mit Plätzen und Funktionsgebäude begleiten zu dürfen, ist schon gewaltig. 2004 hast du ein Baby geboren, das jetzt ein Teenager geworden ist, für den es jetzt Zeit wird, ihn loszulassen und in andere Hände zu geben.

Welche Zeit beim FCI war für Sie die schönste?
Kurz und knapp – die letzten 16 Jahre!

Entgegen aller Hoffnungen werden Sie Ihrem Nachfolger den FCI als Drittligaverein hinterlassen – wie steht der Verein wirtschaftlich da und mit welchem Gefühl übergeben Sie Ihr Amt?
Ich übergebe den FCI mit einem sehr guten Gefühl, weil ich weiß, dass er in gute Hände kommt. Wir haben hier ein tolles Team, das auch meinen Nachfolger voll unterstützen wird. Der FCI ist schuldenfrei und wir haben in der Vergangenheit gut gewirtschaftet, sodass wir finanziell so aufgestellt sind, dass wir auch kommende Saison gut über die Runden kommen und nicht einmal zwingend aufsteigen müssten. Wir haben glücklicherweise in guten Zeiten Rücklagen gebildet, mit denen wir in schlechten Zeiten arbeiten können.

Schanzer der ersten Stunde: FCI-Geschäftsführer Franz Spitzauer im espresso-Interview

Ihr Nachfolger wird Manuel Sternisa – wie schätzen Sie ihn ein?
Ich kenne Manuel Sternisa und weiß, dass er mit Ehrgeiz und eigenen Impulsen den Weg des FCI fortführen wird. Daher sehe ich den FCI bei ihm in den besten Händen.

Wird es mit dem Personalwechsel – in welchem Bereich auch immer – entscheidende Änderungen geben oder geht man den bisherigen Weg weiter?
Ich hoffe, dass es die eine oder andere Neuerung gibt, denn das ist ja der Sinn des Wechsels. Aber so, wie der FCI aufgestellt ist, braucht es keine einschneidenden Änderungen – obwohl man natürlich abwarten muss, wie sich die Corona-Krise entwickelt. Je länger sie dauert, desto notwendiger kann auch gravierendes Eingreifen werden.

Was werden Sie am meisten vermissen?
Alles außer den Spieltagen, an denen gnadenlos abgerechnet wird (lacht). Nein, Spaß beiseite. Vor allem werden mir die Kollegen, aber auch die Treffen mit Partnern und Sponsoren abgehen. Zum Glück habe ich den Vorteil, dass der Abschied selbstbestimmt ist und nicht von heute auf morgen kommt.

Was macht für Sie den FCI aus?
Das Familiäre, Regionale und Offene. Auch die Nähe zu den Fans, den Medien und zur Politik zeichnen den Verein aus.

Was wünschen Sie den Schanzern für die Zukunft?
Mehr Zuschauer und dass die Fanbasis weiter steigt. Außerdem wünsche ich ihnen, dass sie sich als Zweitligamannschaft langfristig etablieren und sich die Transparenz und Offenheit bewahren.

Gibt es bereits berufliche oder private Pläne für Ihre Zeit nach dem FCI?
Ich möchte auf jeden Fall raus aus dem, was ich jetzt mache. Ich könnte mir ein persönliches Sabbatical vorstellen. Es gibt eine ganze Bandbreite an Dingen, die meine Frau und ich gerne tun würden. Einmal quer durch England den Hadrianswall zu laufen oder mit einem Weltreisemobil die Panamericana von Buenos Aires in Argentinien bis Halifax in Kanada zu fahren, gehören beispielsweise dazu. Auch Island oder Afrika sind Länder, die wir gerne bereisen würden. Die Jugend macht uns mit „Work and Travel“-Projekten vor, dass man dabei auch Geld verdienen kann. Warum sollte das nicht auch in meiner Generation funktionieren? Meine Frau und ich wollen aber erst einmal testen, ob wir überhaupt das Campen mögen, deshalb mieten wir demnächst ein Wohnmobil. Eine ganz andere Sache geht mir ebenfalls durch den Kopf:

Es gibt jede Menge Vorabendserien, die eine bestimmte Stadt in den Fokus rücken, wie die Rosenheim Cops, Soko Wismar, Soko Kitzbühel und andere. Warum gibt es das nicht für Ingolstadt? Es würde mich reizen, so etwas anzuleiern…

Auch Städtetouren stehen auf unserer Wunschliste. Ich habe sämtliche Stadien in Deutschland von der 1. bis zur 3. Bundesliga gesehen – aber viele der dazugehörigen Innenstädte kenne ich nicht. Jedenfalls wollen wir definitiv unseren gewohnten Ablauf, den ich seit 40 Jahren kenne, einmal verlassen und neue Erfahrungen sammeln. Es gibt also viele Ansätze, aber noch keinen konkreten Plan.

Was wünschen Sie sich selbst für die Zukunft?
So abgedroschen sich das vielleicht anhört: Das Wichtigste ist, gesund zu bleiben. Ansonsten bin ich rundum zufrieden.

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