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„Ich hatte immer das Gefühl, dass Politiker nichts voranbringen“

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"Ich hatte immer das Gefühl, dass Politiker nichts voranbringen"

Fotos: Lukas Sammetinger

Manuel Hummler (21) ist das Gesicht des Jugendparlaments, Initiator des Klimanotstands und der Fridays For Future-Bewegung in Pfaffenhofen. Mit espresso spricht er über sein Engagement für den Umweltschutz.

Hallo Manuel, hättest du dir vor zehn Jahren gedacht, dass du mit 21 zum Klimaaktivisten wirst und als jüngster Kandidat auf der Stadtratsliste der SPD stehst?
Wenn man mir während meiner gesamten Schulzeit gesagt hätte, dass ich irgendwann etwas mit Politik zu tun haben werde, hätte ich kein Wort geglaubt. Politik hat mich nie wirklich interessiert. Ich hatte immer das Gefühl, dass Politiker nichts voranbringen und nur Marionetten ihres eigenen Systems sind. Mit einem sehr guten Freund, den ich schon seit dem Kindergarten kenne, philosophiere ich oft über Gott und die Welt. Wir haben uns auch die Frage gestellt, wieso auf der Welt so viel schief geht und wie wir selbst etwas Positives bewirken können. Dabei entstand erstmals die Idee sich in der Politik zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Kurz darauf habe ich mich im Jugendparlament aufstellen lassen. Das war vor ca. 1,5 Jahren. Jetzt stehe ich auf der Stadtratsliste der SPD (Platz 17). Meiner Beobachtung nach hat die SPD in Pfaffenhofen bisher am meisten bewirkt und weiß, wie man Projekte erfolgreich realisiert. Unser Bürgermeister Thomas Herker inspiriert mich auch sehr, da er zu seiner Meinung steht und auch bei schweren Entscheidungen überlegt handelt.

Bereits zum 2. Mal habt ihr in diesem Jahr mit dem Jugendparlament eine fff-Demo in Pfaffenhofen organisiert. Wie kam es dazu?
Im Jugendparlament kam mehrmals die Idee auf die fff-Bewegung auch in Pfaffenhofen einzuführen. Wer unseren SPD-Vorsitzenden Markus Käser kennt, weiß, dass er dabei eine treibende Kraft war. Ich selbst wurde mit einem großen Bewusstsein sowohl für meine Umwelt als auch für meine Mitmenschen erzogen und bin oft erschüttert darüber, wie Menschen oder Firmen damit umgehen. Viele leben und handeln als wären sie die einzigen und letzten Menschen auf diesem Planeten. So kann es nicht weitergehen. Deshalb habe ich die Idee eine fff-Ortsgruppe in Pfaffenhofen zu gründen aufgegriffen und umgesetzt.

Nicht jede Schule in Pfaffenhofen war begeistert von eurer Initiative und ermöglichte es den Schülern nicht, daran teilzunehmen. Sollten sich Schüler/innen hier nicht zusammentun und rebellieren, wenn es um ihre Zukunft geht?
Die Schulen reagierten sehr unterschiedlich. Vom Gymnasium durften wir überraschenderweise bei unserer ersten Demonstration ein großes Entgegenkommen von Schulleiter Dietmar Boshof erfahren. Es wurde ein Brief für die Eltern veröffentlicht, der es diesen erlaubte, ihre Kinder dafür vom Unterricht zu befreien. Mir ist bewusst, in was für eine verzwickte Situation wir die Lehrer mit Streiks während den Unterrichtszeiten bringen, deshalb finde ich, dass dieses Entgegenkommen von großer Stärke zeugt. Die Realschule veranstaltete parallel zu unserer Aktion letztes Mal einen eigenen Demonstrationszug und ermöglichte es den Schülern nicht bei unserer Veranstaltung teilzunehmen. Mit der Mittelschule stehen wir bisher sehr wenig im Kontakt, da sich bisher auch keine Schüler von dort an unserer Organisationsgruppe beteiligen. Über Zuwachs würden wir uns sehr freuen.

Unterstützt euch die Stadt Pfaffenhofen bei eurer Demo? Und was, meinst du, halten die Bürger/innen davon?
Die Stadt hat sehr positiv darauf reagiert und hat uns bisher gut unterstützt. Wir wurden zum Beispiel auch für den Klimaschutzpreis nominiert. Zwar haben wir dieses Mal keinen Preis gewonnen, jedoch hat man uns viel Motivation zugesprochen dranzubleiben und weiterhin aktiv zu sein. Auch das Landratsamt, die Polizei und die Stadtwerke leisten großartige Arbeit und unterstützen unsere Aktionen.
Die Bürger sind sehr zwiegespalten. Es gibt viele, die uns unterstützen und dankbar dafür sind, dass etwas passiert, jedoch haben viele auch Angst, dass sie durch unsere Forderungen ihren gewohnten Lebensstandard senken müssen.

Von Gegnern der Bewegung hieß es ja oft „streikt doch lieber am Wochenende..“ Was sagst du dazu?
Meiner Meinung nach wäre die Bewegung niemals so groß geworden und hätte so viel Zugzwang in der Politik ausgelöst, wenn nur am Wochenende „gestreikt“ worden wäre. Seit etlichen Jahren gibt es Klimaaktivisten, die nicht ernstgenommen wurden. Durch das bewusste Streiken während der Schulzeit hat Greta Thunberg ein Zeichen gesetzt, welches zum Glück große mediale und politische Aufmerksamkeit erregen konnte. Dadurch ist die ganze Thematik viel mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft gerückt, was für mich auch eines meiner Hauptziele darstellt: Bewusstsein zu schaffen und Handeln zu bewirken.

Trotzdem habt ihr euch bei euren Organisationstreffen darauf geeinigt, in Zukunft Veranstaltungen nach Schulschluss zu legen..
Ja, damit die Lehrer nicht in eine Bredouille geraten und die Schüler sich bilden können um mit diesem Wissen die Zukunft positiv gestalten zu können.

Die Stadt Pfaffenhofen engagiert sich bereits mit vielen Projekten für den Klimaschutz (Bodenallianz, kostenloser ÖPNV, Ökostrom von den Stadtwerken, plastikfreier Wochenmarkt und Volksfest,..). Trotzdem war es euch als Jugendparlament wichtig, dass der Klimanotstand ausgerufen wird. Was bedeutet das eigentlich konkret für die Politiker der Stadt und für die Bürger/innen?
Es war uns wichtig, dass jetzt nicht aufgehört wird sich weiterhin für den Klimaschutz einzusetzen und sich auf seinen bisherigen Errungenschaften auszuruhen. Für den Stadtrat bedeutet das, dass bei allen Entscheidungen dem Klima höchste Priorität eingeräumt wird und insgesamt noch mehr getan werden muss. Pfaffenhofen geht bereits sehr vorbildlich voran, wofür ich sehr dankbar bin. Die Bürger sollten sich informieren, wie sie in ihrem Alltag einen besseren Einfluss auf die Umwelt nehmen können und dies umsetzen. Außerdem sollte man sich informieren, welche Auswirkungen sein aktuelles Verhalten hervorruft und wie man negative Folgen vermeiden kann. Der Begriff „Klimanotstand“ kann keinen Bürger zwingen diese Wünsche zu berücksichtigen, jedoch sollte es zu denken geben, dass sogar die EU, die UN und nationale Parlamente diesen Begriff wählen.

Der Ausrufung des „Klimanotstands“ wurde einstimmig vom Stadtrat zugestimmt. Welche der Forderungen, die ihr gestellt habt, liegen dir persönlich besonders am Herzen?
Wir haben mit dem Jugendparlament in einer Arbeitsgruppe 34 Forderungen herausgearbeite. Persönlich sind mir hier die Bildungsangebote zum Thema Nachhaltigkeit, die Stärkung bio-regionaler & saisonaler Produkte und die Einführung von Geldbußen für das Wegschmeißen von Müll ein großes Anliegen. Das zweite große Thema, das mir sehr am Herzen liegt ist die Digitalisierung. Ich studiere Wirtschaftsinformatik im 7. Semester und sehe sehr viel Verbesserungspotential bei vielen Prozessen der Verwaltung, aber auch im öffentlichen Alltag in Pfaffenhofen. Der Begriff Digitalisierung wird in letzter Zeit sehr inflationär benutzt. Mir ist es hierbei vor allem wichtig, dass nicht alles zwanghaft computergestützt funktionieren muss, sondern, dass die Technik an den richtigen Stellen in einem angemessenen Maß eingesetzt wird um effektiv Vorgänge zu optimieren.

Hast du ein Beispiel dafür?
Ich könnte mir eine App für den kostenlosen ÖPNV vorstellen. Die App soll zeigen, wo sich der nächste Bus, E-Scooter, das nächste Fahrrad etc. in meiner Nähe befindet. Wenn eine Alternative für das Autofahren im innerstädtischen Bereich geschaffen werden soll, könnte eine solche App ihren Beitrag dazu leisten, z.B. mit integriertem Bezahlsystem. Dafür sind wir, eine Arbeitsgruppe, die bei unserem Projekt Thinkaton (www.future-paf.de) entstanden ist, mit den Stadtwerken im Gespräch.

Gehst du als Klimaaktivist mit gutem Beispiel voran und verzichtest auf ein Auto? Welche Klimamaßnahmen ergreifst du persönlich?
Ich achte darauf Verpackungsmüll zu vermeiden, kaufe regional und fahre wenig mit dem Auto. Nach Ingolstadt zur Hochschule und nach München zu meinem Arbeitsplatz bei Siemens nehme ich überwiegend den Zug. Ein für mich großes Opfer ist es, dass ich auf Fleisch verzichte und zum Vegetarier wurde.

Dein Markenzeichen ist der grüne Hut. Was willst du damit sagen?
Auf dem grünen Hut stehen lauter Namen von guten Freunden. Er soll mich daran erinnern, dass ich das ganze Engagement nicht für mich mache, sondern für meine Freunde, die zum Großteil hier in Pfaffenhofen wohnen, für die Bürger und bestenfalls auch für die ganze Welt.

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